Durchwegs positive Worte fand Bürgermeister Klaus Luger bei der Präsentation des Linzer Rechnungsabschlusses 2018. VP-Klubobmann Martin Hajart zerpflückt im LINZA-Talk die Bilanz Lugers: “Nach der Wahl ab 2022 ist Linz wieder mit 44 Millionen Euro eine Abgangsgemeinde. Diese unangenehme Wahrheit ist auf Seite 332 des Budgets versteckt.”
Herr Klubobmann Hajart, Bürgermeister Klaus Luger präsentierte kürzlich die Zahlen zum Haushaltsjahr 2018. Aus der laufenden Gebarung ergibt sich demnach ein Überschuss von 5,8 Millionen Euro, der höchsten Wert seit 2008. Gute Zahlen, oder?
Wer nur einen Teil des Budget dargestellt, vermittelt schnell einen völlig falschen Eindruck. Dem Überschuss von 5,8 Millionen Euro in der „laufenden Gebarung“ steht in der „Vermögensgebarung“ ein Defizit von 39 Millionen Euro gegenüber. Unterm Strich bedeutet dies ein Minus von 33,2 Millionen Euro. Diese budgetäre Schieflage muss mit Finanztransaktionen (das ist der dritte Teil des Budget) ausgeglichen werden. Da fließen z.B. 100 Millionen Euro aus dem internen Verkauf der Linz AG – finanziert durch einen Club-Deal – ins Budget.
Klaus Luger sagt, die Stadt Linz habe bei der Konsolidierung der Finanzen den richtigen Weg eingeschlagen. Gehen Sie da mit ihm konform?
Ja, die Sparpakete, die wir auch in unseren Ressorts mitgetragen, haben die laufende Gebarung wieder verbessert. Das ist leider notwendig und richtig. Das finanzielle Hauptproblem ist aber der Schuldenberg von 1,6 Milliarden Euro, für den wir 25 bis 30 Millionen Euro Zinsen zahlen. Vor diesem Problem verschließt Finanzreferent Luger die Augen. Bei steigenden Zinsen werden die Sparbemühungen der letzten Jahre wieder zunichte gemacht.
Die Linz AG wurde von der Stadt an die dafür eigens gegründete stadteigene UGL-Holding GmbH verkauft, was fast 350 Millionen Euro in die Stadtkassen spült. Sie sprechen in diesem Zusammenhang vom vorhin erwähnten “Club-Deal“. Seitens der SPÖ meint man, diese Vorgehensweise sei gängige Praxis.
Wer den Verkauf der Linz AG und die Finanzierung durch einen 200 Millionen Euro Club-Deal als gängige Praxis bezeichnet, sollte sich überlegen, wie viele Linz AGs die Stadt noch verkaufen kann. Die Stadt hat für den Club-Deal, der uns durch die hohen Aufschläge noch viel Geld kosten wird, auch ihre Pfandrechte an der Linz AG auflassen müssen. Solche verschachtelten Finanzierungsformen sind sicherlich nicht gängige Praxis.
Der Verkaufspreis von 348,6 Millionen Euro fließt etappenweise von 2017 bis 2021 an die Stadt Linz. Danach klafft vermutlich wieder ein großes Loch in den Stadtfinanzen. Was wäre zu tun, um das zu verhindern?
Die 348,6 Millionen Euro aus dem Verkauf der Linz AG sind bis zum Wahljahr 2021 aufgebraucht. Ab 2022 ist Linz wieder eine Abgangsgemeinde mit 44 Millionen Euro und 2023 mit 43,4 Millionen Euro. Diese unangenehme Wahrheit ist übrigens gut versteckt – auf Seite 332 des Budgets. Darüber spricht der Bürgermeister aber nicht.
Was bedeutet das für die Linz AG: Ist diese jetzt noch im Eigentum der Stadt?
Ja, indirekt über die zwischengeschaltete Holding, die dafür die Schulden aufnehmen musste.
Thema SWAP: Für eine mögliche Zahlung von 100 oder mehr Millionen Euro fehlt das Geld. Manche spekulieren mit einem Verkauf der Linz AG. Geht das jetzt überhaupt noch?
Die Linz AG darf nicht extern verkauft werden. Das wäre eine Katastrophe. Die Überlegungen des Finanzreferenten Luger, wie er die von ihm angestrebte Vergleichssumme finanziert hätte, sind mir nicht bekannt.
Wären Sie bei einem SWAP-Vergleich mit der BAWAG mit an Bord?
Wir haben den Vergleichsverhandlungen mit der BAWAG beide Male nicht zugestimmt. Dem Gemeinderat wurde 2011 bei der Klagseinbringung gegen die BAWAG von der SPÖ immer gesagt, dass die Stadt diesen Prozess gewinnen wird. Bürgermeister Luger hat den Gemeinderat nie von einer anderen Einschätzung der Prozesschancen informiert.
Und wie soll Linz ein allfälliges SWAP-Urteil mit 150 oder 200 Millionen Euro dann überhaupt stemmen?
Die ÖVP Linz hat als einzige Partei gegen Schweizer Frankenkredite gestimmt und wurde dafür von der SPÖ heftigst kritisiert. Die ÖVP Linz hat als einzige Partei gegen die Delegation von Zinsoptimierungen an Finanzdirektor und SPÖ-Finanzreferent gestimmt, was die Grundlage für den SWAP war. Die Frage sollte in erster Linie an die SPÖ gerichtet werden. Was ist die Antwort von Finanzreferent Luger?
Kann man Klaus Luger in Sachen SWAP eine politische Verantwortung zuteilen? Er war damals schließlich nur Stadtrat.
Linz wurde damals von Bürgermeister Dobusch, Finanzreferent Mayr und Stadtrat Luger als mächtiges Triumvirat geführt. Damals hatte Stadtrat Luger den Beinamen „Stadtrat für fast alles“. Ob Luger vor der Information an den Gemeinderat vom SWAP-Desaster gewusst hat, kann jeder für sich beurteilen. Tatsache ist, dass der Gemeinderat im März 2011, erst ein Jahr nach dem offiziellen internen Bekanntwerden des SWAP-Desasters, informiert wurde.
In den letzten Jahren wurden auch viel Tafelsilber in Form von Grundstücken verkauft. Auch hier ist nicht mehr viel zu holen. War das der richtige Weg?
Die Stadt wird bis zum Ende dieser Gemeinderatsperiode 1 Milliarde Euro an Grundstücken und Beteiligungen verkauft haben. Statt zum Schuldenabbau wurden diese Gelder leider zum Löcherstopfen verwendet. Das war nicht der richtige Weg.
Über die Höhe des tatsächlichen Schuldenstandes der Stadt Linz gibt es verschiedene Sichtweisen. Laut Bürgermeister betragen die Verbindlichkeiten eine Milliarde Euro. Wie hoch ist Ihr errechneter Stand?
Der Bürgermeister nennt keine falschen Zahlen, sondern sagt eben nur die halbe Wahrheit. Selbstverständlich müssen auch die ausgelagerten Schulden der Immobiliengesellschaft und UGL-Holding und die Kassenkredite eingerechnet werden. Wir rechnen beim Schuldenstand von 1,6 Milliarden nur die Schulden, die auch von der Stadt bezahlt werden müssen. Die fremdfinanzierten Investitionen der Linz AG rechnen wir nicht mit ein, da diese Schulden nicht aus dem Steuerbudget finanziert werden.
Luger betont den Schulden stünde ein weitaus höheres Vermögen der Stadt gegenüber. Der errechnete Eigenmittelanteil betrage 55 Prozent.
Das Netto-Vermögen – also Vermögen minus Schulden – der Stadt Linz nimmt leider im Mehrjahres-Vergleich stetig ab.
Auch die abkühlende Konjunktur und das Ende der Niedrigzinsphase werden die Stadtfinanzen zukünftig stärker belasten. Braucht Linz einen strengeren Sparkurs?
Am Anfang muss ein ehrlicher Kassasturz stehen – aus Sicht der ÖVP durch einen einvernehmlich durch die Fraktionen gewählten externen Wirtschaftsprüfer – als Grundlage für jede weitere finanzpolitische Maßnahme. Offenbar fürchtet Luger so einen Schritt.
Wo sehen Sie Einsparungspotenzial, das man auch merklich spürt?
Ob es jemand spürt oder nicht ist nicht der Anspruch. Es geht darum, die Stadt so aufzustellen, dass sie auch in Zukunft handlungsfähig ist. Die Herausforderungen, ob im Verkehr, im Hinblick auf eine alternde Gesellschaft oder die etwa die Zuwanderung sind groß.
Sie fordern einen „ehrlichen Umgang mit den Schulden“ ein. Wie soll das genau aussehen?
Wie gesagt, am Anfang soll ein Kassasturz eines von allen anerkannten Wirtschaftsprüfers stehen. Dann wird in Zukunft nicht mehr über Zahlen diskutiert, sondern dann gibt es eine einvernehmliche Grundlage. In der weiteren Folge soll man sich auf finanzpolitische Ziele einigen, um diese dann auch mit Leben zu erfüllen. Alles andere ist nicht professionell.
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