Nur mit dem Wind von Linz nach Vorarlberg und zurück
Der Alberndorfer Harald Kopececk ist kein gewöhnlicher Pilot. Mit seinem Segelflugzeug legt er auch mal Marathonstrecken von Linz nach Vorarlberg und retour zurück. Bei einem Besuch am Segelflugplatz nahmen wir das spontane Angebot, eine Runde mitzufliegen, an. Klaustrophobiker sollten jetzt lieber nicht weiterlesen.
Eigentlich hätte das hier eine Story über den Segelflugplatz Linz-Ost werden sollen. „Oba wennst scho da bist, hupf schnell eina und fliag‘ a Rund‘n mit“, bittet Segelflug-Maestro Harald Kopececk spontan zu einem Rundflug über Linz. „Ein schlechter Scherz“, dachte ich beim Anblick des gerade mal sieben Meter langen „Flugzeugchens“, das noch dazu komplett ohne Motor auskommt. Auf mein eher als Spaß gemeintes „Okay“ hin geht‘s schon Richtung Flieger. Schnell wird mir noch ein Fallschirm auf den Rücken geschnallt. Auch wenn ich ihn „eh nicht brauchen werde“, so wird mir trotzdem noch die Reißleine gezeigt. Man weiß ja nie… Angst!
Ins Kapperl speiben
Kurz darauf pressen mich fremde Helferhände ins gerade mal 60 Zentimeter breite Cockpit, in dem man hintereinander sitzt. Und ich auch noch vorne – Oh Gott! Der Sicherheitsgurt? Gefühlte 100 Riemen und Schnallen, wie soll ich den im Notfall jemals alleine aufbekommen? Der klasssiche 08/15-Sommerurlaub-Charterpassagier wie ich stößt hier an seine mentalen Grenzen. Und dann noch die Frage, ob ich denn eh ein Sackerl mithätte, weil „viele sich beim ersten Mal ordentlich anspeiben“. Äh nein. „Egal, nimm dei Kapperl in die Hand und speib‘ da eini.“ Na bravo…
400 Meter hoch über Linz
Trotz meiner alles andere als leisen Zweifel höre ich hinter mir ein „So, pack ma‘s.“ Ein Ruck und das 1.000 Meter langen Seil einer großen Motorwinde zieht uns mit einer irren Beschleunigung über die Wiese, äh Startbahn. Und bereits knapp 150 Meter später steigen wir fast senkrecht in den Himmel. Irgendein Instrument vor mir piepst wie verrückt. „Na bravo, Alarm, das war‘s dann wohl“, versuche ich in meiner Panik noch schnell das Vaterunser aus meinem Gedächtnis abzurufen. Pilot Harald Kopececk beruhigt: „Das Piepsen zeigt nur an, dass wir im Steigflug sind.“
Plötzlich unter uns ein Pumperer. Mein Zusammenzucken ist heftig. „Seilwinde ausgeklinkt“, nimmt mir Harald Kopececk meinen spontanen Anflug von Todesangst. Endlich, 400 Meter über dem Grund wage ich einen ersten Blick über die relativ spartanische Instrumententafel hinweg. Luft, Spucke – mir bleibt bei diesem grandiosen Ausblick fast alles weg, was man gewöhnlicherweise ausreichend zur Verfügung hat. Unglaublich, ich kreise hoch über Linz in einer maximalst reduzierten Form von Flugzeug! Und das komplett ohne Motor, nur mit Wind und Sonnenenergie. Umweltfreundlicher geht‘s wohl kaum. Das ist Freiheit. Das ist das echte Fliegen, jedes Lüfterl, jede leichte Bewegung des Steuerknüppels resultiert in einer steilen Kurve, einem rasanten Steig- oder Sinkflug.
Looping im Segelflieger
Gekonnt dreht Harald Kopececk eine Pirouette nach der anderen, nur 50 Meter über dem Pfenningberggipfel fliegen wir auf Tuchfühlung mit den Baumwipfeln. Wir umkreisen den Pleschingersee und gewinnen dank den Aufwinden binnen Sekunden wieder enorm an Höhe. Und dann, direkt über der Donau, geht‘s steil nach unten, es presst mich in den Sitz, dass mir fast die Luft weg bleibt. Und wir drehen wirklich einen Looping – im Segelflugzeug! Dagegen ist die Achterbahn ein Ponyhof.
Über 3.000 Flugstunden
Seit 30 Jahren schon sitzt der Alberndorfer Harald Kopececk im Segelflugzeug, über 3.000 Flugstunden hat er bereits absolviert und jede Menge Erfolge bei nationalen und internationelen Wettkämpfen erflogen. Darunter auch ein Rekordflug mit 1.200 Kilometern im reinen Segelflug. Keine Frage also, dass auch die Landung perfekt gelingt. Knapp vor der Steyregger Brücke eine enge Wende über der Donau und wir sinken steil hinunter. Ein Rumpeln und schon stehen wir. Raus aus dem Mini-Cockpit, das so winzig erscheint, aber der perfekte Platz ist, um die absolute Freiheit zu genießen.
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