“94 Prozent aller Transaktionen werden bereits online oder mobil abgewickelt”
Am 11. November feierte Raiffeisen Landesbank OÖ-General Heinrich Schaller seinen 60er. Der LINZA plauderte mit dem wohl wichtigsten Banker des Landes über runde Geburtstage, die fortschreitende Digitalisierung und was Linz für ihn so besonders macht.
Der 60. Geburtstag: Für den Zahlenmenschen Heinrich Schaller etwas Besonderes – oder eben nur eine Zahl?
Schaller: Natürlich ist jeder runde Geburtstag etwas Besonderes. Aber aus Erfahrung weiß ich, dass sich damit unmittelbar nichts ändert.
Vor über sieben Jahren übernahmen Sie als Generaldirektor die Raiffeisenlandesbank OÖ. Wie würden Sie die von Ihnen eingeleitete Neuausrichtung des Unternehmens in zwei bis drei kurzen Sätzen definieren?
Es war mir wichtig, mit dem gesamten Konzern auf einem breiten und stabilen Fundament zu stehen. Daher mussten wir in einer gewissen Phase auch konsolidieren, um Kapital aufzubauen und damit die Risikotragfähigkeit zu stärken. Die Digitalisierung massiv voranzutreiben, was die Organisation der Bank, aber vor allem auch das Service für die Kunden anbelangt, war sicherlich ein weiterer wichtiger Punkt.
Welche Rollen spielen Menschen in einer Bank – in Zeiten der Automatisierung, der Digitalisierung?
Auch wenn sich der Stellenwert der persönlichen Beratung im digitalen Zeitalter verändert hat, wird sie im Bankgeschäft auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Aber natürlich verlangen die Kunden heutzutage beides: einen persönlichen Betreuer und umfassende digitale Services.
Bemerken Sie einen Rückgang des „Faktors Mensch“, was die Beratung, das tägliche Geschäft, aber auch den Kundenkontakt im Tagesgeschäft betrifft?
Für die Abwicklung der täglichen Bankgeschäfte wie eine Überweisung kommt heute kaum noch jemand in die Bank. Bei uns werden bereits 94 Prozent aller Transaktionen online oder mobil abgewickelt. Aber wenn es um komplexere finanzielle Angelegenheiten wie eine Immobilienfinanzierung geht, dann suchen unsere Kunden sehr wohl die persönliche Beratung.
Was würden Sie auf keinen Fall digitalisieren wollen?
Einer aktuellen Studie des Österreichischen Bankverbandes zufolge haben 69 Prozent der Befragten den Wunsch nach einer persönlichen Beratung. Für mich bedeutet das, dass wir als wichtigster finanzieller Nahversoger für unsere Kunden weiterhin mit den Bankstellen vor Ort sein müssen. Die persönliche Beziehung zwischen Menschen und das damit verbundene Vertrauen kann man nicht digitalisieren. Wenn jemand einen Ansprechpartner baucht, findet er ihn bei Raiffeisen auch.
Eine Frage an den Fußball-Fan Heinrich Schaller: Globalisierung versus Regionalbank – wie geht das Match aus?
Ich sehe das nicht als Match, sondern als Chance. Natürlich haben sich gewisse Geschäftsfelder durch die Digitalisierung und die damit verbundene Globalisierung für unsere Kunden und damit auch für uns als Bank verändert. Die Regionalität ist gerade im globalisierten Kontext eine große Chance, die wir nutzen wollen. Daher arbeiten wir auch an ganz neuen Ideen, wie wir für unsere Kunden Nutzen bringen können.
Für das klassische Sparbuch, aber auch andere Sparformen gibt es nach wie vor so gut wie keine Zinsen. Wird sich das wieder ändern oder müssen wir uns von der guten alten Zinsen-Zeit verabschieden?
Ich gehe nicht davon aus, dass die Zinsen in absehbarer Zeit wieder steigen. Grund dafür ist die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank, die ich sehr kritisiere. Die EZB hat es in Zeiten der Hochkonjunktur im Jahr 2016 verabsäumt, die Zinsen anzuheben. Die lockere Geldpolitik hat aber nicht den gewünschten Effekt, dass Unternehmen wieder mehr investieren. Hier geht es eher darum, dass sich diverse verschuldete Staaten auf Kosten von Sparern und Anlegern entschulden. Das kommt mittlerweile fast einer Enteignung gleich. Und es gibt derzeit keine Signale, dass die neue EZB-Führung diese Zinspolitik in nächster Zukunft ändern wird.
Gerade im Bankenbereich ist immer wieder von Verantwortung die Rede. Was kann Ihr Unternehmen realistischer Weise zur Entwicklung unserer Gesellschaft beitragen?
Raiffeisen Oberösterreich übernimmt seit jeher gesellschaftliche und soziale Verantwortung. Das liegt in unserer DNA. Nicht nur als Förderer und Partner von zahlreichen sozialen und kulturellen Einrichtungen. Wir setzen auch mit vielen Regionalentwicklungsprojekten zahlreiche Maßnahmen in ganz Oberösterreich, wo Arbeitsplätze geschaffen und die Regionen belebt und gestärkt werden. Darüber hinaus können wir als starker Kernaktionär in einer Reihe von Industriebetrieben mithelfen, dass die Headquarters nicht ins Ausland abwandern und somit Arbeitsplätze und Wertschöpfung vor Ort erhalten bleiben.
An Ihrem zentralen Standort beim Südbahnhofmarkt wird es in den kommenden Jahren zu einer Erweiterung und neuen städtebaulichen Akzenten kommen. Was ist Ihnen hier wichtig?
Wir haben bei der Entwicklung des Projektes im Besonderen darauf geachtet, dass der Bau unserer neuen Zentrale auch das gesamte Umfeld belebt und aufwertet. Das ist uns sehr gut gelungen, denke ich. Wann wir das Projekt realisieren können, hängt aber freilich noch von den Behördengenehmigungen ab.
Wie hat sich Linz aus Ihrer Sicht in den letzten 20 Jahren grundsätzlich entwickelt?
Linz punktet durch facettenreiche kulturelle Angebote und präsentiert sich auch vom Stadtbild her äußerst attraktiv – da wurde eine sehr positive Entwicklung beschritten. Denken Sie etwa an den Höhenrausch, das Brucknerfest oder auch das Pflasterspektakel. Das sind Veranstaltungen, die die Marke Linz sehr positiv aufladen. Linz ist aber auch wirtschaftlich und als Universitätsstandort enorm stark.
Was macht Linz und seine Menschen so unverwechselbar, speziell?
Ich denke, dass wir Linzer die Fähigkeit haben, über den Tellerrand zu schauen und dadurch sehr offen für Neues sind. Außerdem glaube ich auch, dass die Linzerinnen und Linzer ein gesundes Selbstbewusstsein entwickelt haben.
Weihnachten steht vor der Tür: Welches – möglicherweise “monetäre” – Geschenk empfehlen Sie?
Ich persönlich versuche, mit Weihnachtspäckchen Freude zu bereiten. Aber wenn es ein monetäres Geschenk sein soll, dann wären wahrscheinlich Fonds die richtige, weil nachhaltige Wahl.
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