Der Linzer Gastronom Günter Hager engagiert sich seit vielen Jahren in Nordindien, um den dortigen aus Tibet geflüchteten Kindern eine neue Heimat zu bieten. Wir plauderten mit Hager nach der Rückkehr von seiner jüngsten Reise zu seinen beiden Tibetischen Waisenhäusern.
Günter Hager, Sie sind gerade von einer weiteren großen Reise nach Nordindien zurückgekommen. Es war eine Jubiläumsreise. Um welches Jubiläum geht es da genau?
Im Jahr 1998 war ich auf meinen vielen Reisen in den Himalaja zum ersten Mal in der Exilheimat seiner Heiligkeit, des Dalai Lama in Dharamsala/Nordindien. Ich hatte zum ersten mal Gelegenheit, die SOS-geführten Kinderdörfer der über den Himalaja geflüchteten tibetischen Kinder zu besuchen. Damals fasste ich den Entschluss, meinen Teil zum Wohlergehen dieser an die 8.000 in vier riesigen Schulanlagen lebenden Kinder beizutragen. Jetzt, 20 Jahre später, betreibe ich mit von Freunden und Gästen meines Lokals JOSEF unterstützten Projekt zwei Waisenhäuser für je ca. 50 tibetische Flüchtlingsmädchen und Buben. In Ladakh an der Grenze zum jetzigen “Chinesischen autonomen Gebiet Tibet“ haben wir zusätzlich ein Altersheim für ca. 100 tibetische Bergnomaden errichtet. In den letzten 20 Jahren haben wir zusätzlich viele Solaranlagen für Heißwasser, Computeranlagen, Wasserfilteranlagen, Renovierungen und unzählige für den Alltag notwendige Einrichtungen mitfinanziert.
Schwerpunkt Ihrer Reisen ist das Los des besetzten Staates Tibet.
Tibet wurde in den 1950er-Jahren von der chinesischen Armee besetzt, das Oberhaupt, der Dalai Lama, flüchtete 1959, also vor genau 60 Jahren, aus seiner Heimat Tibet. Das damals noch junge demokratische Indien gewährte ihm und seinem Volk Asyl. Seither lebt er in dem kleinem Bergdorf Dharamsala und kämpft für die Rückkehr seines Volkes nach Tibet.
Und wie ist es genau zu Ihrem Engagement gekommen?
Die Liebenswürdigkeit und friedvolle Art, wie die Tibeter seit ihrer Flucht mit ihrem Schicksal umgehen, ihre Religion des Buddhismus und die jahrtausendealte geheimnisvolle Kultur dieses Bergvolkes, die im Begriff ist, unterzugehen, hat mich vom ersten Augenblick an fasziniert und beeindruckt. Heute komme ich, um von ihnen zu lernen und erkenne immer mehr, wie extrem sorglos wir Europäer mit unser ebenso alten Kultur umgehen.
Mit dem Bau von Waisenhäusern unterstützen Sie den Erhalt der tibetischen Kultur maßgeblich. Haben Sie ein paar Eckdaten dazu?
Ich denke, dass es in den letzten 20 Jahren so an die 200.000 Euro gewesen sein werden, die wir durch Charitys, Spenden von Freunden und Gästen des JOSEF zusammengebracht haben. Vor zehn Jahren waren es noch an die 18.000 Flüchtlingskinder, die in den SOS-geführten Schulanlagen in Indien untergebracht waren. In den letzten Jahren ist diese Zahl auf etwa 12.000 gesunken. Aufgrund der strengen Grenzkontrollen der chinesischen Regierung ist es nur mehr wenigen Tibetern möglich, über die teilweise 6.000 Meter hohen Grenzpässe aus ihrer Heimat im Himalaja zu flüchten.
Warum flüchten die Menschen aus Tibet?
Ein wesentlicher Grund ihrer Flucht ist das Verbot der Ausübung ihrer buddhistischen Religion. Der Dalai Lama, das religiöse Oberhaupt und Friedensnobelpreisträger von 1989, wird von China als Staatsfeind Nr.1 gehandelt. Die Zerstörung von tausenden buddhistischen Klöster nach dem Einmarsch der chinesischen Arme vor 60 Jahren gefolgt von einer beispiellosen rigorosen ‘Chinesisierung’ und Umerziehung veranlassten viele tibetische Mütter, ihre Kinder nach Indien zu schicken, um eine tibetische Ausbildung und somit das Fortbestehen ihrer Kultur zu ermöglichen.
Sie arbeiten gerade an einem neuen Buch zum Thema Tibet. Worum geht es da genau?
60 Jahre nach der Flucht der Tibeter aus ihrer Heimat Tibet erleben wir in Europa einen ähnlichen Exodus. Der wesentliche Unterschied zu einem Teil unserer momentanen Flüchtlingen besteht darin, dass die Tibeter wieder in ihre Heimat zurückmöchten. Der Dalai Lama verbat ihnen jegliche Form von Gewalt, um auf ihr trauriges Schicksal hinzuweisen, was dieses Volk bis heute von vielen anderen Kulturen und Religionen unterscheidet. Ich versuche, in meinem Buch „DANKE TIBET – Lernen von Flüchtenden und Verfolgten” den Unterschied zu unserer Situation in Europa darzustellen.
Wann wird das Buch erscheinen?
Das Buch ist fertig geschrieben, das Cover steht und ich bin sehr stolz, dafür sogar ein sehr berührendes Vorwort von Seiner Heiligkeit, dem Dalai Lama bekommen zu haben. Momentan bin ich noch am Verhandeln mit einigen Verlegern. Der Erscheinungstermin soll noch vor Weihnachten 2019 steigen.
Sie haben bei Ihren Reisen bereits mehrmals das Geistliche Oberhaupt Tibets getroffen. Was ist der Dalai Lama für ein Mensch?
Ich durfte den Dalai Lama bei bereits acht Audienzen kennenlernen. Besonders stolz bin ich, dass ihn auch bei der letzten meiner Reisen, obwohl er gesundheitlich sehr schwer angeschlagen ist, treffen durfte und er mich gleich wieder erkannte. Für mich ist er eines der letzten großen Vorbilder unserer Zeit – ein Vorbild für Frieden, Toleranz und Nächstenliebe – alles Dinge, die ich bei so vielen momentanen Staatsoberhäupter leider komplett vermisse.
Hat Ihnen der Dalai Lama so etwas wie eine Botschaft mitgegeben?
Bei einem großen Teaching vor ca. 3.000 russischen Mönchen und buddhistischen Pilgern im Mai erzählte mir sein Sekretär, dass man fast alle Audienzen mit russischen Ministern und hochrangigen Mönchen aus Rücksicht auf seine Gesundheit abgesagt hatte. Dass er mich trotzdem empfang und ich ein Foto mit dem Cover meines neuen Buches machten durfte, empfand ich als hohe Auszeichnung und Zeichen unserer langjährigen Freundschaft. Seine Botschaft war, dass Tibet gerade jetzt Freunde brauche, Freundschaften seien dass wichtigste, vor allem wenn es einem schlecht gehe. Er ermutigte mich, in meinem Buch die Botschaft meines Buches „Lernen von Flüchtenden und Verfolgten“ in die Welt zu tragen….ich hoffe es gelingt mir. Bei unserem Treffen traf ich einen sehr schwere kranken Menschen. Ich hoffe sehr, dass Seine Heiligkeit wieder gesund wird und wir noch lange in den Genuss seiner unendlichen Weisheiten kommen werden.
Was können wir von den Menschen aus Tibet lernen?
Dass nichts wertvoller ist, als die Traditionen und Kulturen, die uns unsere Eltern und Großeltern übermittelt haben, zu pflegen und wieder an unsere Kinder weiterzugeben.
In Kürze wird es einen großen TIBET Charity-Event in Josef geben. Gibt’s schon ein paar Infos dazu?
Am 16. Juni organisiere ich mit dem KIWANIS Club Kepler im JOSEF einen großen Mittagsbrunch um 38 Euro pro Person inkl. Getränke. Der Reingewinn wird für unser „Josef Tibet Projekt“ verwendet. Wir freuen uns über jeden, der kommt und uns unterstützt.
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