Im September 2018 ist Halbzeit in der aktuellen Legislaturperiode. Die zweitgrößte Fraktion im Gemeinderat wird von Vizebürgermeister Detlef Wimmer (FPÖ) angeführt. Im Talk zieht Wimmer eine Zwischenbilanz über die ersten drei Jahre der Zusammenarbeit mit der SPÖ.
Herr Vizebürgermeister – wie fällt Ihre Zwischenbilanz zur aktuellen Legislaturperiode aus?
Einiges haben wir schon umgesetzt – etwa nachhaltig ausgeglichene Finanzen im laufenden Haushalt ohne neue Gebühren oder Erhöhungen über der Inflationsrate, die Parkgebühren am Samstagnachmittag haben wir sogar gestrichen; oder im Sicherheitsressort mit dem Ausbau der Videoüberwachung in der Altstadt und in Öffis, dem Alkoholverbot am Hessenplatz oder dem Ausbau der Kompetenzen des Ordnungsdienstes. Einiges haben wir auf Schiene gebracht – zum Beispiel die neue Eisenbahnbrücke durch Stadtrat Markus Hein, die Vorbereitungen für die zweite Schienenachse, die Entwicklung der Kaserne Ebelsberg, die Machbarkeitsstudie für eine Seilbahn als öffentliches Verkehrsmittel und vieles mehr. Und manches ist noch zu tun, sofern es Mehrheiten dafür gibt.
Auf welche umgesetzten Maßnahmen sind Sie besonders stolz?
Einerseits die Weichenstellung von Stadtrat Markus Hein für eine konstruktive Infrastrukturpolitik: Statt anderen die Schuld zuzuschieben, wie Rot und Schwarz das früher lange gemacht haben, wird endlich gearbeitet. Am Ende der Periode werden sich die Erfolge sehen lassen. Andererseits freut es mich, dass gerade in Themen, wo früher eine rot-grüne Mehrheit alles blockiert hat, inzwischen Vernunft eingekehrt ist: Im ganzen Themenbereich Sicherheit und Ordnung fällt das besonders auf – sprich die Bettelei, Videoüberwachung, Alkoholverbot Hessenpark, Ordnungsdienst usw.
Und was ist aus FPÖ-Sicht in den kommenden drei Jahren noch zu tun?
Einerseits die bereits gesetzten und begonnenen Maßnahmen weiter fortsetzen, evaluieren und adaptieren – andererseits auch neue Weichenstellungen vornehmen. Sicherlich sind Wahlen immer auch Termine für eine “Bilanz” – ich möchte aber nicht nur bis zur nächsten Wahl denken, sondern sehe einen laufenden Prozess. Ein erfolgreiches Unternehmen arbeitet und plant ja auch nicht nur bis zum Ende des aktuellen Geschäftsjahres.
2021 steht die nächste Wahl an: Was für ein Ziel werden Sie dann für die Linzer FPÖ ausgeben?
Bis 2021 ist noch viel Zeit und noch nicht einmal die Hälfte der Arbeitszeit unserer Regierung ist vorbei. Im Detail lassen sich Ziele daher jetzt noch nicht verlässlich festlegen. Unser Ziel ist daher die Fortsetzung und Abarbeitung offener Punkte – im Wahlkampf 2021 dann die “Bilanz” darüber für die Linzerinnen und Linzer. Da wir die ganze Zeit über aktiv tätig sind, müssen wir uns im Wahlkampf nicht neu erfinden oder nur mit dem Finger auf andere zeigen.
Nach Wels 2021 auch in Linz ein blauer Bürgermeister: Illusorisch oder möglich?
In der Politik ist fast alles möglich! Wir träumen aber jetzt nicht von neuen Ämtern und Posten, die wir vielleicht in ein paar Jahren erreichen können, sondern erledigen unsere Arbeit, für die wir gewählt sind. Dann ist der Wähler am Wort, sie zu beurteilen.
Das Arbeitsübereinkommen mit der SPÖ: Wie sehen Sie die bisherige Zusammenarbeit?
Wichtig ist, dass wir uns auf wichtige Zukunftspläne für Linz, wie die Abwicklung der neuen Brücke und anderer Infrastrukturprojekte oder den Ausbau von Sicherheit und Ordnung verlassen können. Trotz Unkenrufen vom äußerst linken Rand der SPÖ war diese Zuverlässigkeit der Parteispitze und der Regierungskollegen bisher immer gegeben. Wir müssen nicht immer einer Meinung sein, aber selbst kleinere und mittlere Fortschritte sind besser als Theaterdonner und Stillstand, wie es ihn sonst manchmal gibt.
Da und dort kommt Kritik auf, es werde mit der SPÖ und Bürgermeister Luger zu viel gekuschelt. Warum gibt es so wenige Bruchlinien?
Wenn es Bruchlinien gibt, muss man sich Kritik ja nicht in einer Schlammschlacht über die Medien ausrichten, wie das die letzte Bundesregierung unter Faymann und später Kern mit ihren ÖVP-Partnern gemacht hat. Bei den Menschen bleibt dann der – wohl viel schlechtere – Eindruck, man würde nur streiten, aber nichts arbeiten. Politiker sind aber zum Arbeiten gewählt.
Eine schwere Geburt war die Durchsetzung des Alkoholverbots im Hessenpark. Wieviele Nerven hat Sie dieses ewige Hin und her gekostet?
Nach einer schweren Geburt freut man sich über das Baby noch mehr als sonst… Spaß beiseite: Schade ist, dass die Anrainer so lange darauf warten mussten. Wir Freiheitliche haben das schon vor Jahren beantragt, aber keine Mehrheit gefunden. Für mich persönlich war es nicht so schlimm – das ist Politik. Wären wir nicht konsequent geblieben, wäre das Thema im Sand verlaufen.
Gibt es schon eine erste kurze Bilanz zum Alkoholverbot im Hessenpark?
Die ersten Eindrücke stimmen mich vorsichtig positiv. Nach dieser kurzen Zeit lässt sich aber noch sehr wenig sagen. Deshalb werde ich die Auswirkungen bis zum Jahresende evaluieren.
Was sagen Sie zur Kritik, die Alk- und Drogenszene würde durch Maßnahmen wie Alkverbot oder Sicherheitszone nur verlagert werden?
Selbst wenn es teilweise zu einer Verlagerung käme, kann es ja nicht ernst gemeint sein, dass deshalb alle Probleme konzentriert am Hessenplatz bleiben müssen. Wenn es an einem Ort ein Sicherheitsproblem gibt, muss man dort einschreiten – und sich nicht darauf ausreden, dass es dann nur zu einer Verdrängung kommt.
Das Bettlerproblem in Linz scheint ebenfalls im Griff, dennoch kommen immer wieder neue Gruppierungen in unserer Stadt an und es geht wieder von vorne los.
Wäre es ganz einfach, hätten das Problem womöglich schon andere ganz locker nebenbei gelöst. Es freut uns aber, dass die harte Arbeit mehrerere Jahre Schritt für Schritt Wirkung zeigt – so auch im Bereich der illegalen Bettelei: Hier trat zunächst ein Verbot aggressiver Bettelei in Kraft, schließlich konnten wir in der Innenstadt die Bettelei überhaupt verbieten. Auch der Ordnungsdienst wurde aufgewertet und kontrolliert in Zivil. Die Zusammenarbeit mit der Polizei ist gut. Das alles hilft uns natürlich.
Auch der Kampf gegen die Straßendealer gleicht einem Katz-und-Maus-Spiel. Wird man hier jemals „Feuer aus“ vermelden können?
Bestimmte Formen der Kriminalität lassen sich kaum ganz vermeiden. Es gibt keine größere Stadt, wo die Kriminalität bei Null ist. Natürlich macht es aber einen Unterschied, ob nur halb so viele Drogendelikte passieren – oder, wie in Linz, trotz stark steigender Bevölkerung die Zahl der Anzeigen sogar rückläufig ist. Ausruhen dürfen wir uns auf vermeintlichen Lorbeeren aber nicht.
Stichwort Städtepartnerschaften: Sie waren als Ressortverantwortlicher diesbezüglich zuletzt in Chengdu (China). Welche Eindrücke haben Sie von dort mitgenommen?
Chengdu ist mit etwa 16 Millionen Einwohnern unsere größte Partnerstadt. Trotzdem ist der Kontakt sehr intensiv und gut. Die Hauptstadt der Provinz Sichuan ist nicht nur für ihr scharfes Essen und die Pandas (die Bären in Schönbrunn kamen aus Chengdu) bekannt, sondern auch eine der innovativsten Städte Chinas und Asiens. Da ich seit 2016 jedes Jahr als Redner zum dortigen Innovationsforum eingeladen werde, kenne ich Chengdu schon ein wenig – was bei einer so großen Stadt natürlich eine Herausforderung ist.
Was kann Linz von Chengdu lernen?
Die politischen Rahmenbedingungen können wir natürlich überhaupt nicht vergleichen – und daher auch keine Konzept 1:1 umlegen. Während man von jeder Partnerstadt etwas lernen kann, sind es gerade die großen Unterschiede in der Größe, aber zum Teil auch in der chinesischen Denk- und Arbeitsweise, die unseren Horizont erweitern können.
Welche Potenziale sind durch Städtepartnerschaften grundsätzlich zu heben? Chengdu ist schließlich eine Millionenstadt mit enormen Wirtschaftspotenzial.
Vor kurzem hat eine große Delegation mit Bundespräsident und Bundesregierung Chengdu besucht. Auf Anregung von Linz wurde dort auch ein österreichisches Generalkonsulat eröffnet. Von Chengdu wird die “neue Seidenstraße” nach Europa gebaut, die uns im Handel ganz neue Möglichkeit auch abseits von Flugzeug und Transatlantik-Schiffen bietet. Im kleineren Bereich haben wir mit Chengdu zum Beispiel ein großzügiges Stipendium für Linzer erreicht, die ihr Studium in Chengdu (Studiensprache Englisch, Chinesisch als Zusatzfach) absolvieren wollen – um nur ein Beispiel zu nennen. Interessenten sind herzlich eingeladen, sich zu bewerben. Auch für künftige Pandas in Schönbrunn sieht es gut aus(lacht).
Bitte vervollständigen Sie: Linz ist trotz allem eine schöne Stadt, weil…
…viele Menschen hart daran arbeiten, dass es so bleibt.
Am meisten stört mich an Linz…
Linz hat sein Potenzial noch nicht ganz ausgeschöpft, wir sind aber auf einem guten Weg. Die laufende Amtsperiode ist ja auch noch nicht vorbei (schmunzelt).
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