Blau-weißer Trainervertrag: Das Zögern hat wohl gute Gründe.
Immer noch nicht verlängert hat der FC Blau-Weiß Linz den im Sommer 2025 auslaufenden Vertrag von Trainer Gerald Scheiblehner. Das hat nachvollziehbare Gründe. Auch innerhalb der sonst fast schon zu kritiklosen und treuen Anhängerschaft bröckelt der von einigen Monaten noch lückenlose Rückhalt für „Scheibi“.
Mit Gerald Scheiblehner gelang im Juni 2023 der Aufstieg in die Bundesliga, nachdem man den GAK noch überraschend in der allerletzten Runde abfangen konnte. Für Experten war der Aufstieg damals jedoch keine Überraschung – mit dem größten Budget im Rücken und der Eröffnung der neuen Donaupark-Arena vor der Brust war er keine Sensation oder Überraschung, sondern vielmehr ein logischer und erwartbarer (Pflicht-) Schritt. Im ersten Jahr in der höchsten Spielklasse gelang nach einem horriblen Saisonstart und einem Zwischenspurt der Ligaverbleib, der rund um die Euphorie mit dem neuen Stadion (und angesichts der teils unterirdischen Leistungen der Tabellennachbarn wie Lustenau) ebenfalls durchaus erwartbar. Zugeschrieben wurde der von manchen nahezu als Championsleague-Titel gefeierte Nichtabstieg großteils (auch zurecht) dem Konto Scheiblehners.
„In den letzten acht Pflichtspielen setzte es sechs Niederlagen, ohne den Überraschungssieg gegen die in den Seilen hängende Salzburger wäre es gar nur ein Pünktchen.“
Heuer hält sich der Linzer Stadtklub, dessen Budget mittlerweile auf zehn Millionen Euro+ mehr als verdoppelt wurde, dank dreier unerwarteter Siege gegen die Top-Teams Salzburg, Rapid und LASK (noch) im Mittelfeld der Tabelle. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass man alle drei Klubs im Doppelpass zwischen intensiven Europacup-Auftritten und inmitten von Formkrisen (vor allem LASK und Salzburg) ausdribbelte. Ohne diese (fraglos verdienten) Siege wäre der FC Blau weiß Linz mit nur acht Zählern am Tabellenende zu finden, weil man gegen die Klubs auf Augenhöhe wenig bis gar nicht punkten konnte.
Sportlich ist unter Scheiblehner wenig Weiterentwicklung und auch immer weniger System zu erkennen. In den letzten acht Pflichtspielen setzte es sechs Niederlagen, ohne den Überraschungssieg gegen die in den Seilen hängende Salzburger wäre es gar nur ein Pünktchen. Und sollte sich die 35-jährige, blau-weiße Torjäger-Lebensversicherung namens Ronivaldo mal verletzen oder in eine Formkrise schlittern, wäre komplett Feuer am Dach: Knapp die Hälfte aller erzielter Treffer (und damit auch Punkte) stammen vom Brasilo-Bomber.
„Gerade bei den wenig erfolgverwöhnten Blau-Weißen fordert niemand Meistertitel oder Eurocup-Teilnahmen, aber ständig das Tabellenende als Maßstab herzunehmen, ist überholt – und füllt auf Dauer kein Donauparkstadion.“
Nicht verziehen haben viele Trainer Scheiblehner, dass er seit Sommer 2023 alles unternommen hat, um einen der Väter des Aufstiegs, den charismatischen Kapitän und Publikumsliebling Michael Brandner, aus nicht nachvollziehbaren Gründen erst auf die Ersatzbank und dann zu den Amateuren zu verbannen. Der gebrochene Salzburger beendete daraufhin im Mai 2024 seine Karriere, die mit 29 Jahren eigentlich an ihrem Höhepunkt sein sollte. Nicht mal einen kurzen Asbschiedsauftritt in der Kampfmannschaft gönnte Scheiblehner dem Salzburger. Auch andere Vorfälle – wie die öffentlichen Demontage von Stürmer Alexander Schmidt beim letzten Spiel gegen GAK – sorgen für Kopfschütteln. Sowas geht absolut nicht, solche Dinge klärt man intern.
Scheiblehner selbst hält in Medien-Statements selbst den Ball (gaaaanz) tief. Vor einigen Woche meinte er etwa, aus den letzten zehn Runden des Grunddurchgangs wolle er noch sechs Punkte holen. Ziel sei wie im Vorjahr der elfte Platz. Klar: Wer sich selbst die Hürden ständig niedrig legt, kann nicht drüberstolpern. Gerade bei den wenig erfolgverwöhnten Blau-Weißen fordert niemand Meistertitel oder Eurocup-Teilnahmen, aber ständig das Tabellenende als Maßstab herzunehmen, ist überholt – und füllt auf Dauer kein Donauparkstadion. Mit dem aktuellen Umfeld kann man das Köpfchen durchaus ein bisschen mehr nach oben Richtung Sonne recken.
Fazit: Es war eine durchaus erfolgreiche Zeit von Scheiblehner bei Bau-Weiß Linz. Unter dem Strich täte der FC Blau-Weiß Linz aber gut daran, ab Sommer 2025 auf der Trainerbank eine Weiterentwicklung einzuleiten, vor allem auch wegen der fehlenden sportlichen Perspektive. Mit dem neuen Stadion und dem soliden zweistelligen Millionenbudget im Rücken muss der Anspruch ein anderer sein, als Jahr für Jahr nur Elfter zu werden.
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