“Let’s dwell”: Bunte Betonsessel sollen Aufenthaltsqualität in der City erhöhen
In Wien und anderen Citys es unzählige “Niederlassungsmöglichkeiten”, aber in Linz entwickelte sich die Forderung nach mehr öffentlichen Sitzgelegenheiten ohne Konsumzwang zur unendlichen Geschichte. Jetzt wurde mit den „dwellos“ ein fertiges Konzept präsentiert. Die 300 Kilogramm schweren und 70.000 Euro teuren Betonsessel sollen an mehreren Standorten in der City aufgestellt werden, die Bevölkerung darf online über ausgewählte Standorte entscheiden. Insgesamt werden 40 Stück in Gruppen aufgestellt. Für ältere oder gehandicapte Personen sind die optisch auffälligen Sitzelemente mit ihrer geschwungenen Sitzfläche allerdings gänzlich ungeeignet.
In der “MaHü” in Wien finden sich alle 100 Meter einladende, großflächige Sitzbänke und andere Möglichkeiten für eine kurze Rast, ohne einen Gastgarten aufsuchen zu müssen. Auch andere Städte haben ein breites Angebot. In Linz wurden in den letzten Jahrzehnten öffentliche innerstädtisch Sitzgelegenheiten bewusst abgebaut oder verhindert. Hauptgrund wat dabei die Angst, nicht erwünschte Personen, “Sandler” oder Bettler könnten sich hier niederlassen.
Seit vielen Jahren wird (u.a. ganz massiv von der KPÖ) gefordert, endlich mehr innerstädtische, konsumfreie Verweilplätze zu schaffen: “Gerade Menschen im Alter, Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung, auch Schwangere oder Menschen mit Kleinkindern sind in besonderem Maße auf eine ausreichend hohe Dichte an Sitzgelegenheiten angewiesen. Auch die Möglichkeit sich ohne Konsumzwang im öffentlich Raum zu treffen wird durch fehlende Sitzbankgruppen erschwert”, so KPÖ-GR Michael Schmida, dessen entsprechender Antrag diese Woche im Gemeinderat positiv erledigt wurde. “Diese Offensive ist ein wichtiger Beitrag zur Erhöhung der Lebensqualität und des sozialen Austauschs. Ich hoffe, dass bald viele, viele neue Bankerl und andere Sitzmöglichkeiten in Linz entstehen.”

Und wohl nicht zufällig wurden schon einen Tag später von Bürgermeister Luger das erste dementsprechende Projekt präsentiert: Die aus Beton gedruckten dwellos sind Hohlraumkörper, die sowohl witterungsresistent, wartungsarm und für einen langfristigen Einsatz bestimmt sind als auch über einen eigenen Ablauf für Regenwasser verfügen. Ein dwello ist etwa 1,4 Meter lang, 60 Zentimeter breit, 85 Zentimeter hoch und wiegt etwa 300 Kilogramm. Der Name leitet sich vom englischen Wort „to dwell“ ab, was im Deutschen „verweilen“ bedeutet. Zudem kann dwello auch als Kurzform von Donauwelle gelesen werden, woran die Gestaltungsform angelehnt ist.
Optisch und künstlerisch wohl wertvoll, sind bei den dwellos die relativ kleine Sitzfläche, die massive Bauweise (mobil geht eher anders) und die geschwungene Sitzfläche, die es älteren oder gehandicapten Personen schier unmöglich macht, aus dem Möbel wieder ohne Hilfe rauszukommen, wohl eher problematisch. Ganz sicher werden sie aber ein hübscher Fotospot für Instagramer und besondere Linz-Ansichten.
Kommentar
Linz wäre nicht Linz, würde man einfache Probleme auf simple Art lösen: mit dem jahrhundertelang bewährten Konzept von ausreichenden Sitzbänken aus Holz. Die vorgestellten “dwellos” sind zwar künstlerisch wertvoll, werden aber aufgrund ihrer massiven Bauweise und ihres Gewichts von 300 Kilogramm wohl nur auf entsprechend großen, frequenzarmen Flächen Verwendung finden können. In der Herrenstraße, auf der Landstraße oder in Begegnungszonen (wo das urbane Leben pulsiert und wo öffentliche Sitzgelegenheiten hingehören), wird es unmöglich sein, die klobigen dwellos zu platzieren. Luger und Co. täten gut daran, einen Ausflug in die Wiener Mariahliferstraße zu unternehmen. Dort können sich die Menschen kaum retten vor lauter öffentlichen, simplen Sitzgelegenheiten, die sich perfekt ins Straßenbild einfügen und sich noch dazu großteils unter schattigen Bäumen befinden.

Ganz offensichtlich hat man mit den dwellos Anleihe an den „Enzis“ in den Innenhöfen des MuseumsQuartier Wien genommen. Die dortigen Sitzmöbel sind aber auch für ältere Personen geeignet, während ein gehandicapter Mensch aus den geschwungenen Sitzflächen der “dwellos” ohne Hilfe kaum noch rauskommt.
Ja: Die dwellos sind eine nette Idee, können aber nur ein Mosaikstein der Problemlösung sein. Es braucht ganzes simple Sitzbänke aus Holz (und ja, auch die kann man cool gestalten, siehe MaHü) – nicht da und dort eine, sondern als viele Inseln verteilt auf die gesamte City. Aber leider ist zu befürchten, dass das Thema jetzt einschläft, weil sich die Politik auf die Schulter klopft, weil sie jetzt “eh was getan” hat.
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