Finger weg: Das Demonstrationsrecht ist eine rote Linie.
Es ist nur eine relativ unscheinbare Presseaussendung des Linzer und des Steyrer Bürgermeisters, ihr Inhalt ist aber umso brisanter: Klaus Luger und sein Steyrer Kollege Markus Vogl wollen eine Gesetzesänderung, durch die die jeweilige Stadt selbst mitbestimmen kann, wo und wann Demonstrationen stattfinden dürfen. Was die beiden nicht dazusagen: Der politischen Willkür wäre damit Tür und Tor geöffnet, denn nicht nur die unliebsamen “Corona-Demos”, sondern auch die meisten anderen Demonstrationen würden damit praktisch verunmöglicht.
“Andere Marschrouten würden zur Verminderung von Verkehrsstillständen und damit zum Abbau von Aggressionen einen nicht unerheblichen Beitrag leisten”, sagt Bürgermeister Luger, der keine Demos mehr zu Stoßzeiten oder an Orten will, wo eine mögliche Verkehrsbehinderung eintritt – was in Linz quasi bei jeder Demo Fall ist, weil etwa die Straßenbahn auf der Landstraße steht, wenn dort demonstriert wird.
“Derzeit besteht aufgrund diverser Durchführungsbestimmungen zum Verfassungsgesetz nur ein geringer Handlungsspielraum für die Regelung von Ort und Zeit von Demonstrationen”, beklagen Luger und Vogl. Sie wollen daher mit den lokalen Behörden bestimmen, wann, vom wem und wie Demonstrationen in ihren Städten ablaufen. Luger schiebt dabei die Aufmärsche der “Impfgegner und Impfleugner” als Grund vor. Was er aber nicht sagt: Eine solche Gesetzesänderung würde künftig alle für die Stadt (oder die jeweilige Bürgermeisterpartei) möglicherweise unliebsamen Demonstrationen verunmöglichen und an sinnentleerte Orte verbannen.
Ob es uns passt oder nicht: Demonstrationen haben nun mal den Zweck, aufzufallen, Gehör zu finden und Öffentlichkeit zu erzeugen. Mit Umzügen um 21 Uhr durch das leere Hafenviertel oder am Sonntagvormittag auf dem Jahrmarktgelände gelingt das ganz sicher nicht.
Demo-Veranstalter aller politischer Richtungen werden sich wohl wundern, was in Linz und Steyr bald alles NICHT mehr geht:
- Klimademos etwa dürften dann keine Straßen mehr blockieren, um gegen den ausufernden PKW-Verkehr oder den Bau neuer Autobahnen zu demonstrieren.
- Umzüge auf der Landstraße könnten dann jederzeit untersagt oder auf verwaiste Plätze wie das Jahrmarktgelände verlegt werden, um den Straßenbahnverkehr nicht mehr zu blockieren.
- Der Begriff “Verkehrsbeeinträchtigung” ist dermaßen schwammig, dass grundsätzlich jede Demo auf politischen Zuruf des Bürgermeisters ins Nirgendwo, fernab jeder Öffentlichkeit, verlegt werden könnte.
Wissen Luger und Vogl eigentlich, was sie da fordern? Dazu noch die (zugegebenermaßen provokanten) “Corona-Demos” vorzuschieben und mit einem Streich so gleich alle möglicherweise unliebsame Demos aus der Stadt fernzuhalten: Das schränkt die Meinungsfreiheit und den Zweck JEDER künftiger Demonstration ein und geht schon in Richtung Allmachtsfantasien, die niemandem zustehen – schon gar keinen Bürgermeistern von Klein- oder Mittelstädten.
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