“Mehr Gelassenheit und ein besserer Blick auf das, was wirklich wichtig ist”
Seit 2017 führt Alt-Landeshauptmann Josef Pühringer den OÖ Seniorenbund, zudem sitzt er seit Ende 2021 als ganz gewöhnlicher Abgeordneter im Trauner Gemeinderat. LINZA Chefredakteur Wilhelm Holzleitner plauderte mit dem charismatischen Ex-Landeshauptmann über seine beiden neuen Rollen.
Josef Pühringer – wie erging es Ihnen in den letzten Jahren und nach dem Umstieg vom Landeshauptmann zum Seniorenbund-Obmann: Ist Ihr Leben ruhiger geworden?
Ich war auf diesen Umstieg gut vorbereitet. Ich konnte den Abschied in der Landespolitik selbst festlegen, die Nachfolge mit Thomas Stelzer ist bestens gelungen, da war ich frei für neue Aufgaben. Der Seniorenbund kam ja nicht überraschend, Josef Ratzenböck hat ihn mir mehrfach „angedroht“ – aber ich habe diese Aufgabe gerne übernommen, weil sie wieder mit Menschen zu tun hat.
War es für Sie immer klar, der Tradition des Übergangs vom Altlandeshauptmann zum Seniorenbund-Obmann zu folgen?
Das stimmt nicht ganz, denn ich bin der zweite „Altlandeshauptmann“, der den Vorsitz übernimmt. Die Tradition hat erst mit Josef Ratzenböck begonnen. Für mich hat sich das schon einige Jahre abgezeichnet.
Welchen Wert hat die Arbeit als Seniorenbund-“Boss“ für Sie?
Einen großen – denn der Seniorenbund ist Interessensvertretung der Generation 60+, das sind alleine in Oberösterreich über 400.000 Menschen. Ihre Interessen und Anliegen zu vertreten, ist meine oberste Aufgabe, vor allem aber auch das Bild von den Senioren in der Öffentlichkeit zu korrigieren, bzw. richtig zu stellen. Die Senioren von heute sind nicht alt, klapprig, gebückt am Stecken gehend, Enten fütternd, am Ufer des Sees sitzend, alle meist dement, ….. Nein, es ist eine agile, aktive, engagierte Gruppe, die durch ihre Dienste an der Gemeinschaft ganz Großes leistet.
“Wenn ich unser Land mit anderen vergleiche, wenn ich mir jetzt die Beschäftigungszahlen anschaue, da haben uns die Verantwortlichen gut durch die Krise gebracht.“
Josef Pühringer
Hat die oö. Landespolitik rund um die Coronakrise und auch jetzt mit den Ukraine-Sanktionen alles richtig gemacht?
In einer Krise, die unangemeldet kommt und noch dazu mit dieser Massivität, da kann man nicht alles richtig machen. Wenn ich unser Land mit anderen vergleiche, wenn ich mir jetzt die Beschäftigungszahlen anschaue, da haben uns die Verantwortlichen gut durch die Krise gebracht.
Und wie gut haben Sie die Pandemie persönlich überstanden?
Trotz Impfung hat es mich auch erwischt, aber mit einem sehr glimpflichen Verlauf.
In einer aktuellen Umfrage liegt in OÖ die FPÖ vor der ÖVP. Macht Sie das nervös?
Ich glaube die Daten dieser Umfrage nicht, außerdem sind sie fünf Jahre vor den Landtagswahlen relativ belanglos. Ich bin überzeugt, dass Thomas Stelzer, der mit seinem Team eine exzellente Arbeit leistet, das Vertrauen der Bevölkerung hat.
Und wie sehen Sie die Arbeit der schwarz-grünen Bundesregierung? Da gibt’s medial ja jede Menge Gegenwind.
Die Bundesregierung ist besser als ihr Ruf. Keine Frage, dass nicht alles so gelaufen ist, wie man es sich wünscht. Thomas Schmidt und die Chat-Affären etwa hätten wir uns sparen können, das hat viel Unruhe in die Politik gebracht. Außerdem hat es auch den Blick auf die wirklich großen Leistungen, wie die Abschaffung der kalten Progression verstellt.
“Sie sollten sehen, wie viele Hochbetagte und ältere Senioren sich tapfer schlagen. Das heutige 80 ist scheinbar wirklich das neue 60.“
Die älteren Menschen von heute sind nicht mehr vergleichbar mit jenen vor 20, 30 oder 40 Jahren. Wie gehen Sie mit diesen geänderten Verhaltensweisen und Lebenseinstellungen um?
Es gibt nicht mehr die Alten, aber mindestens drei Gruppen: 60 bis 75, 75 bis 85 und darüber die Hochbetagten. Für jede Gruppe muss der Seniorenbund ein gutes Programm entwickeln. In jeder Altersgruppe lautet unser Aufgabenfeld “Interessensvertretung, Beratung und Service und Gemeinschaftsangebote”. Mit 11.000 ehrenamtlichen Funktionären und 428 Ortsgruppen versuchen wir unsere über 75.000 Mitglieder bestens zu betreuen und zu servicieren. Natürlich haben wir vor allem auch Angebote für die sogenannten „Neuen Alten“, die fit, vital und aktiv sind, da machen wir viel im Digitalbereich, Sport, Kultur, Reisen. Aber sie sollten sehen, wie viele Hochbetagte und ältere Senioren sich da auch noch tapfer schlagen. Das heutige 80 ist scheinbar wirklich das neue 60.
Und wie geht‘s Ihnen persönlich als 73-Jähriger mit dem Älterwerden?
So recht habe ich es noch nicht bemerkt, Gott sei Dank! Ich gehe mit dieser Tatsache des Älterwerdens sehr bewusst um, damit mich nichts überrascht. Aber das Älterwerden hat auch Vorteile, das sollten wir nicht übersehen, auch wenn es da und dort zwickt, manches nicht mehr so schnell geht, oder nicht mehr möglich ist. So lange ich beim Bergsteigen halbwegs mithalten kann, passt es. Und außerdem hat man im Alter mehr Gelassenheit und einen besseren Blick auf das, was wirklich wichtig ist.
“Wenn ich meine Nachfolger Thomas Stelzer etwas sagen will, wenn wir Seniorenthemen zu besprechen haben, gibt es ein freundschaftliches Gespräch in seinem Büro oder anders wo.”
Gibt es einen regelmäßigen Austausch mit Ihrem Nachfolger Thomas Stelzer?
Thomas Stelzer und ich stehen im guten Einvernehmen. Ratschläge erspare ich mir, denn Ratschläge sind auch Schläge. Regelmäßigen Austausch gibt es natürlich, weil wir uns ja bei den ÖVP-Gremien treffen und auch bei vielen Veranstaltungen sind. Wenn ich ihm etwas sagen will, wenn wir Seniorenthemen zu besprechen haben, gibt es ein freundschaftliches Gespräch in seinem Büro oder anderswo.
Mit dem jetzigen Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer haben Sie eine besondere Verbindung. In seiner damaligen Rolle als Landesgeschäftsführer waren Sie nahezu 24/7 gemeinsam unterwegs. Wie beurteilen Sie seine Entwicklung?
Da bin ich sehr zufrieden, Wolfgang Hattmannsdorfer ist mit Herz und Hirn als Sozialreferent bei der Sache, das merken auch die Betroffenen, vor allem auch die Sozialeinrichtungen. Zwischen ihm, dem Sozialreferenten und dem Seniorenbund gibt es eine gute Achse.
Was sind denn für ältere Menschen heute die größten Herausforderungen?
Das ist natürlich für die meisten Senioren die Inflation. 2/3 aller Pensionistinnen und Pensionisten gehören zur Gruppe der Klein-, oder Kleinstpensionsempfänger, aber auch jene mit niedrigeren mittleren Pensionen macht die Inflation Sorgen. Denn gerade jene Bereiche, die man für das Leben braucht, wie: Heizen, Wohnen, Energie, Mobilität und Grundnahrungsmittel sind in der letzten Zeit besonders teuer geworden. Ich habe großen Respekt vor diesen Menschen, die mit 1.500 Euro Bruttopension oder weniger ein gutes Leben führen und gestalten können. Wichtige Themen für die Hochbetagten sind natürlich die Pflege und Gesundheitsvorsorge, insbesondere im ländlichen Raum, rund zehn Prozent der Senioren kämpfen mit Einsamkeit, auch die Sicherheit wird zunehmend ein großes Thema (Cyber-Kriminalität), aber eigentlich betreffen die Senioren alle Themen, die auch die Gesamtgesellschaft betreffen.
“Die Gesellschaft würde sich schaden, wenn sie auf den großen Erfahrungsschatz der Senioren verzichtet.“
Immer wieder gibt es neuerdings Forderungen, dass ältere Menschen nicht mehr wählen dürfen sollen – oder deren Stimme weniger gewichtet wird, weil ältere Menschen den Jungen gewisse Entwicklungen verbauen.
Es ist vollkommener Unsinn, dem kann ich überhaupt nichts abgewinnen. Wer so etwas verlangt, vergisst, dass die Senioren ein Leben lang für diese Gesellschaft und für unser Land viel geleistet haben, gearbeitet haben, schlechte Zeiten erlebt haben und trotzdem das Fundament für den heutigen Wohlstand gebaut haben. Nur weil jemand alt ist, oder krank ist verliert er seine Würde nicht, auch nicht den kleinsten Teil seiner Würde. Außerdem würde sich die Gesellschaft schaden, wenn sie auf den großen Erfahrungsschatz der Senioren verzichtet. Nicht zu vergessen auf die vielen Leistungen: 60 Prozent der pflegenden Angehörigen sind zwischen 60 und 75 Jahre alt, das Ehrenamt in den Vereinen wird vorwiegend von den Senioren getragen. Auch in den Pfarren, in den Hilfsorganisationen und wo auch immer: Die Senioren sind ein großer Schatz für unsere Gesellschaft.
Sie sitzen seit dem Vorjahr aufgrund vieler Vorzugsstimmen im Gemeinderat Ihrer Heimatstadt Traun, weil Sie das Mandat auch angenommen haben. Wie geht’s Ihnen auf so einer „kleinen“ Bühne?
Ich bin dort sicher keine graue Eminenz (lacht). Ich bringe mich ein, dort wo ich glaube, dass es Sinn macht, unterstütze unseren Bürgermeister mit meiner langjährigen politischen Erfahrung so gut ich kann. Ich glaube, ich bin ein „relativ“ fleißiger Gemeinderat.
Destruktivismus und Negativ-Stimmung sind derzeit leider allgegenwärtig. Wie wird 2023 aus Ihrer Sicht?
Das Jahr 2023 wird meines Erachtens besser, als der Ruf, der ihm vorauseilt. Erstens bin ich ein Optimist, weil der Pessimist ist der einzige Mist, auf dem nichts wächst. Und zweitens sehe ich, wie in Europa – insbesondere in Deutschland – die Wirtschaftsforscher zwar sehr vorsichtig aber immerhin daran gehen, ihre düsteren Prognosen wieder leicht ins Positive zu drehen. Und ganz generell zum Abschluss: Trotz aller Probleme, die ich nicht kleinreden möchte, haben wir Oberösterreicher/Österreicher den Jackpot mit Zusatzzahl gewonnen. Nämlich: in diesem Land, in dieser Zeit leben zu dürfen.
Interview: wilson holz
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