Linz wollte mit der innovativen Idee einer urbanen Seilbahn europaweiter Vorreiter sein. Das visionäre Seilbahnprojekt von Ebelsberg in das Hafenviertel hatte aufgrund des fehlenden Rückenwindes vom Bund bislang aber keine Chance. Nachdem das Projekt auch aus der Agenda vom neuen Verkehrsreferenten Martin Hajart verschwunden war, macht es jetzt Bürgermeister Klaus Luger zur Chefsache: In sieben bis acht Jahren könnte die Seilbahn bereits fahren. Noch schneller geht’s in Paris: Dort entsteht bis 2025 das erste echte urbane Nahverkehr-Seilbahnprojekt Europas. Es könnte auch für Linz die Initialzündung für einen Neustart der Seilbahn-Idee sein.
Sie wurden europaweit als möglicher Durchbruch in Sachen staufreier Nahverkehr gehypt: Stadtseilbahnen. In Linz waren sogar zwei derartige Projekte in Gespräch, auch in Graz sollte mit der „Murgondel“ eine neue Nahverkehrsachse entstehen. All diese Projekte gelten mittlerweile als tot – neben der fehlenden Unterstützung seitens des Bundes waren es auch politische Kleinkrämereien, die die Ideen im Sande verlaufen ließen.
Bundesmittel für zwei neue Autobahnen, aber keine Unterstützung für innovatives Nahverkehrs-Projekt
Im Regierungsprogramm der türkis-grünen Bundesregierung ist im Kapitel „Klima-faire Zukunft in Luftfahrt, Schifffahrt, Seilbahnwesen“ zum Thema „Seilbahnen“ zwar zu lesen, dass man „Anreize für Innovation in der Seilbahnwirtschaft, vor allem im urbanen Raum (Stadtseilbahn)“ schaffen wolle. Die Realität sieht leider anders aus: Sowohl die Grazer als auch die Linzer Seilbahnprojekte fanden ausgerechnet bei der grünen Ministerin für Mobilität und Klimaschutz Gewessler keine Unterstützung, dafür wird in Linz mit Geld vom Bund aktuell an zwei Autobahnen gebaut – und mit der Ostumfahrung kommt bald eine dritte neue Autobahn auf Stadtgebiet dazu.
Enttäuschend auch das vom neuen Linzer Verkehrsreferenten Hajart präsentierte Papier („Linz Klausur“), in dem er die Verkehrsziele und Projekte bis 2027 festlegte: Das Linzer Seilbahnprojekt findet darin mit keinem einzigen Wort Erwähnung, auch sein Vorgänger Bernhard Baier konnte sich für die innovative Idee nicht erwärmen.
Bleibt zu wünschen, dass der jetzige Vorstoß von Bürgermeister Klaus Luger mehr Kraft und Innovationsgeist hat – und es ihm vor allem gelingt, Geld aus Wien zu bekommen, denn ohne Unterstützung vom Bund wird das 150-Millionen-Euro-Projekt nicht umzusetzen sein. Vielleicht schafft es die Politik ja in einem Schulterschluss mit der starken Linzer Wirtschaft, die Idee umzusetzen – oder so ein auf den Weg zu bringen, dass der Bund „anspringt“…
Paris statt Linz
Mutiger ist man in der französischen Hauptstadt Paris: Dort werden Seilbahnen positiv gesehen, weil umweltfreundlich, schnell realisierbar und zu hundert Prozent elektrisch. Anfang Mai hat das Vorarlberger Unternehmen Doppelmayr dort den Zuschlag für das erste echte urbane Nahverkehrsseilbahn-Projekt Europas erhalten. Die fünf Stationen sind direkt mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln wie Metro, Bus oder Tram vernetzt.

25 statt 40 Meter Höhe
Das 132-Millionen-Euro-Vorzeigeprojekt hat eine Länge von 4,5 Kilometern, die Fahrzeit beträgt schlanke 17 Minuten. Wartezeiten gibt es keine, denn alle 30 Sekunden fährt eine Gondel emissions- und geräuschlos ab. Anders als in Linz, wo man von utopischen, 100 Meter hohen Seilbahnstützen ausging, wird die Pariser Seilbahn in realistischeren 25 bis 40 Metern Höhe fahren. Die Zehn-Personen-Kabinen schaffen laut Doppelmayr eine maximale Transportkapazität 1.600 Passagieren pro Stunde und Richtung (das entspricht etwa acht vollen Cityrunner-Straßenbahnen). Der Baubeginn steigt Anfang April 2022, bereits 2025 soll die „Câble A“ in Betrieb gehen.

Seilbahn von den Kosten her unschlagbar
Von den Errichtungskosten liegen Seilbahnen je nach technischer Lösung klar unter einer Straßenbahn- oder U-Bahnlinie, noch größer ist der Ksoitenvorteil beim Betrieb und bei den Personalkosten. Lediglich die Einrichtung einer Buslinie ist mit geringeren infrastrukturellen, baulichen und ökonomischen Aufwendungen durchführbar – allerdings mit den bekannten Problemen in Sache Stau und Fahrzeit.

Auch Deutschland geht das Thema Seilbahnen an
In Deutschland hat im Auftrag der Bundesregierung eine große Evaluierung der aussichtsreichsten Seilbahnprojekte in Bezug auf Sinnhaftigkeit und Machbarkeit begonnen. Gemeinsam mit sechs deutschen Städten bespricht man deren Ideen, Planungen und Erfahrungen für Seilbahnsysteme.
Den Auftakt machte die Stadt Bonn, im Vorjahr wurde die fertige Studie präsentiert. Bonn will die Pläne demnach weiterverfolgen, während eine Studie für eine Seilbahn in München zu einer eher negativen Bewertung kam: „Die Machbarkeitsstudie zur Seilbahn am Frankfurter Ring hat ergeben, dass sie technisch grundsätzlich realisierbar und auch städtebaulich und naturräumlich integrierbar wäre. Allerdings bringt sie kaum neue Fahrgäste im Vergleich zu den untersuchten Alternativen Tram und Expressbus. Dafür sind die Kosten mit geschätzt 433 Millionen Euro ausgesprochen hoch.“