Jetzt ist es auch schon wieder ein halbes Jahr her, dass die Ära Luger endgültig endete und ein neuer Linzer Bürgermeister gewählt wurde. im LINZA-Talk: Lorenz Potocnik (LinzPLUS) über die Entwicklung seither.
Erste Frage an den größten Luger-Kritiker im Gemeinderat: ist die Ära Luger, das System Luger endgültig vorbei, gab es den angekündigten Turnaround?
Leider nein. Die Ja-Sager rund um Luger arbeiten unverändert. Es werden immer noch am laufenden Band Bebauungspläne auf Wunsch Privater geändert, gute Ideen werden immer noch aus Machtkalkül abgewürgt. Die Freunderlwirtschaft rennt weiter. Wir leiden immer noch an Lieblosigkeit und Ignoranz.
Warum haben so viele Leute den damals noch unbekannten Dietmar Prammer gewählt? Ein so klares Ergebnis hatte eigentlich niemand auf der Rechnung.
Stimmt. Offenbar hat sogar der Luger-SPÖ-Skandal nicht genügt, die Roten einmal in die zweite Reihe zu schicken. Ich nehme auch an, dass vielen bereits ein neuer, jüngerer Kopf genügt hat, um sie zu beruhigen. Am Ende war es nur so ein Gefühl zwischen links und rechts-konservativ. Prammer ist sicher auch eine Gegenreaktion auf das landesweite Erstarken der Rechten.
„Prammer bringt etwas Ruhe und Pragmatik rein. Ich muss mich nicht mehr jeden Tag fürchten, was Luger mit seinen Freunden ausgeheckt haben könnte.“
Ganz kurz in einem Satz: Wie bewerten Sie Prammers Arbeit so long?
Jo mei. Ich bin schon froh, dass Linz etwas aufatmen kann. Prammer bringt etwas Ruhe und Pragmatik rein. Ich muss mich nicht mehr jeden Tag fürchten, was Luger mit seinen Freunden ausgeheckt haben könnte. Prammer hat das halbe Jahr aber leider nicht genutzt, um eine Vision für Linz zu entwickeln.

Aus Sicht der SPÖ hat Prammer starke Akzente gesetzt – etwa bei der Standortfrage der Digital Uni, die er quasi im Alleingang entschieden und den Grüngürtel „gerettet“ hat.
Das war richtig und wichtig. Aber wohl nicht aus Überzeugung, sondern aus wahltaktischen Gründen. Der Druck war diesbezüglich schon sehr hoch, der Bürgermeistersessel in Gefahr. Auch die Nachbesetzung im Bruckner Haus ist gut verlaufen. Sonst verwaltet er. Das ist seine Stärke.
Bei den Finanzen erkennen Prammer und die SPÖ spät aber doch, dass ein Sparkurs nötig ist. Bei den Ermessensausgaben sollen 8 Millionen Euro eingespart werden. Zollt Ihnen das Respekt ab?
Diese acht Millionen sind lächerlich und wie so vieles nur Ablenkung. Ich wüsste spontan, wie man in den nächsten zwei Jahren das Zehnfache einsparen könnte – und das ohne Qualitätsverlust. Es geht darum, dass wir uns auf die städtischen Kernaufgaben konzentrieren und politische Spielereien ohne Wirkung abdrehen.
Wo und wie könnte Linz denn noch sparen?
Westring, Stadtwache, Innovationshauptplatz, Spitzensportförderung, Mandatar:innenförderung und Politapparat, Flughafen, Designcenter, Straßenbau, Dienstautos mit Chauffeuren.
In der Hochhausfrage sind Sie einer, der sich stets besonders kritisch zu Wort meldet. Aktuell ist „The Mozart“, ein 38m-Bau in der Innenstadt in Diskussion. Was stört Sie an dieser doch überschaubaren Höhe?
Egal ob 35, 65 oder 105 Meter. Das Muster ist immer das Gleiche. Alles für den Investor, für das private Interesse. Nichts oder wenig für die Allgemeinheit. Es handelt sich um strukturelle Korruption. Zeigen Sie mir ein gelungenes Hochhausprojekt. Linz kann es nicht. Es entsteht kein Mehrwert. Mir tun die Nachbarn leid. Mozart würde protestieren, dass dieses hässliche Haus nach ihm benannt wird.
„Wir haben alle unsere Ziele erreicht. Stärkste Opposition, Ergebnis gehalten, Agenda gesetzt. Für 2027 sind wir gut vorbereitet.“
Überraschend war auch die Performance von Martin Hajart. Aus dem erhofften Zweikampf wurde nix, dennoch konnte keiner der Kandidaten aus dem eher bürgerlichen Lager davon profitieren. Raml floppte, auch das Ergebnis vom „bürgerlichen“ Kandidaten Potocnik war mit 3,6% gelinde gesagt ausbaufähig.
Im Bund ging es drunter und drüber. Kurz vor der Linzer Wahl wollte die ÖVP mit den Blauen paktieren. Dieses Manöver, das dann gefloppt ist, hat hier durchgeschlagen. Pech für Hajart. Was uns betrifft: Wir haben alle unsere Ziele erreicht. Stärkste Opposition, Ergebnis gehalten, Agenda gesetzt. Für 2027 sind wir gut vorbereitet.
Was muss passieren, damit es bei der nächsten Wahl im Herbst 2027 zumindest im Gemeinderat eine neu gemischtes Kartendeck gibt?
Eine Machtverschiebung wäre wichtig. Die Wahlbeteiligung muss drastisch steigen, vor allem von den EU-Bürger:innen. Die SPÖ lebt von der niedrigen Wahlbeteiligung, hat kein Interesse das zu ändern. Weiters wird MFG verschwinden. Die sind sinnlos. Schade um die zwei Mandate aktuell. Wenn die Linzer:innen eine positivere Entwicklung wollen, müssen sie auch ihr Wahlverhalten ändern.
Und wie will sich LINZplus aufstellen, um vielleicht 2027 das bereits 2021 angepeilte Ziel von 10 Prozent zu erreichen?
Das kann ich mir aktuell nicht vorstellen. Wir arbeiten hart, jede Stimme ist bei uns wirklich sehr gut eingesetzt. Brita Piovesan und ich nehmen unsere Mandate und unsere Verantwortung für die Stadt sehr ernst.





























