Ältere Semester werden sich noch erinnern: Früher gab es bei den Bundesligaklubs neben den Spielern maximal eine Handvoll an Betreuern oder Funktionären, die am Mannschaftsfoto mit dabei oder operativ am Vereinsgeschehen beteiligt waren. Mittlerweile hat sich das Verhältnis zwischen Spielern und Betreuern aber fast schon umgekehrt.
Heute ist es fast schon so, dass Trainer, Sportdirektoren, Teammanager, Sport-Psychologen, Koordinatoren sowie diverse Co- und Situations-Trainer die Mehrheit gegenüber dem spielenden Personal bilden. Geht das so weiter, haben wir bald Kreuzfahrtverhältnisse: Für jeden Passagier vier Kellner.

Stellvertretend für viele andere Klubs zeigt das aktuelle Mannschaftsfoto von Blauweiß Linz (beim LASK ist die Zahl der Trainer, Sportdirektoren, Manager usw. nicht minder hoch) zeigt diese Entwicklung auf: Im Vergleich zur Meistermannschaft von 1974 hat sich bei Blau-Weiß (SK VOEST) die Anzahl der Funktionäre und Trainer von 4 auf 15 quasi vervierfacht, während sich die Spielerköpfe nur gering mehrten. Oder anders gesagt: viele Häuptlinge, immer weniger Indianer…
Kommentar
Manchmal fangen die TV Kameras das hektische Treiben auf den Trainerbänken der Bundesligaklubs live ein: Zu sehen sind oft mehrere Trainer, im Halbkreis zusammenstehend, während diese auf ein iPad oder einen Laptop starren, wo in hektischen Kurzgesprächen spontan mittels Werten und Grafiken entschieden wird, wer wohin verschoben oder wer eingewechselt wird.
Es ist Tatsache: Fußball wurde wie ein Computerspiel immer technischer und digitaler, wir reden mehr nur gelaufenen Kilometern und dubiosen „expected Goals“, aber nicht mehr vom Handwerk Fußball, von Gespür, Erfahrung, von Gefühl und von Emotionen.
Für diese Digitalisierung und Verexpertung braucht es immer mehr Fachleute und Spezialisten, die mit diesem ganzen Daten-Wahnsinn umgehen können und dann quasi wissenschaftlich fundierte Entscheidungen treffen. Auf die tatsächlichen Skills und Intuition wird gar keine Rücksicht mehr genommen – oder besser gesagt ist dafür gar kein Platz mehr.
Was ich mir wünschen würde? Wieder Fußballtrainer und Vereine, die mehr Intuition, mehr Bauchgefühl und mehr Hausverstand zulassen. Und nicht noch mehr Spezialtrainer, Video-Analysten, Fachleute, Psychologen, Manager und sonstige Pseudotitelträger, die von alles eine perfekte theoretische Ahnung und jede Menge Fachwissen (aber oft gar keine Erfahrung vom echten Leben) haben.
Dieser Trend wird auch dadurch unterstützt, dass die Cheftrainer immer jünger werden und oft gar nicht selber auf einem entsprechenden Niveau selbst Fußball gespielt haben. Dann muss man sich halt auf die digitale Welt verlassen. Der Faktor Mensch spielt immer weniger Rolle.
Mehr Bauchgefühl und Handarbeit, dafür weniger Personalflut mit Fachleuten und Spezialisten täte unserem Fußball mehr als gut. Expected Goals – wie immer man sowas auch messen mag – sind fürn Arsch.





























