Es muss für den Rest von Fußball-Österreich (ausgenommen Salzburg) fast schon beängstigend anmuten, mit welcher Geschwindigkeit sich der LASK von Austria, Rapid, Sturm und Co. nicht nur sportlich entfernt. Die gestrige Übertragung des Euroleague-Qualispiels der Wiener Veilchen (inklusive der folgenden Interviews und Pressekonferenz) war ein Lehrstück dafür.
Die Wiener Vereine. Einst wahre Größen, nicht nur die Linzer Klubs holten sich dort regelmäßig Watschen im Bereich von drei- bis vier zu null ab, manchmal ließ man gnädigerweise ein Ehrentor zu. Rapid und Austria waren eine Macht, verließen sich aber zu sehr auf ihren Namen und taten – außer dem Bau neuer Stadien – nichts für eine mittel- oder gar langfristige Entwicklung samt wertiger (inter)nationaler Positionierung. Mir san mir – das funktioniert heute nicht mehr. Der Wiener Horizont reicht nur zum Suppentellerrand – oder besser gesagt bis zum Wienerwald.
Der LASK zeigt es vor – mit Demut auch im Erfolg, mit akribischer Arbeit, mit hundertprozentigem Fokus auf die jeweils anstehende Aufgabe. Und dabei immer ein großes, langfristiges Ziel im Auge, während es Wien alle Jahre lediglich heißt: „Unser Ziel ist ein internationaler Bewerb“ – als ob der Einstieg in die zweite oder dritte Euroleague-Qualirunde der Garten Eden wäre (fast die halbe heimische Liga spielt mittlerweile bekanntlich international). Und wenn selbst dieses stets kurzfristige Minimalziel wackelt, geht das alte Spiel los: Trainer raus, Sportdirektor weg und alles passt wieder – zumindest ein paar Runden lang. Gähn.
Szenewechsel: Es haut einen schlicht um, wenn man sieht, wie ein Joao Klauss in den Gegner hineinläuft, als wäre dieser gar nicht da; wenn der letzte Mann beim LASK, Gernot Trauner, nach vorne marschiert und Kopftor um Kopftor macht, ohne die Abwehr zu entblößen; wenn man Coach Valérien Ismaël zuhört, wie sachlich, ruhig er das vorangegangene Spiel seziert: Unfassbar professionell – und (fast) schon in einer Liga mit den großen Klubs Europas. Auch das restliche Drumherum von der Pressearbeit bis zum Businessklub: Vorbildlich.
Demgegenüber die nahezu weinerlichen Presse-Auftritte eines Didi Kühbauer oder Christian Ilzer, die wirken, als müssten sie sich daheim vor dem Papa für einen Fünfer in Mathematik entschuldigen, inklusive Angst vor der unausweichlichen Fotzn. Es ist undenkbar, dass die mittlerweile enorme Lücke zu Rapid, Austria und Sturm von diesem Trio wieder geschlossen werden könnte. Es gibt da wie dort keinen echten Plan, keine Idee und keine Langfristigkeit.
Stattdessen: Business as usual wie im vorigen Jahrtausend, irgendwelche No Names mit wenig Perspektive werden geholt, Trainer werden alle paar Runden getauscht (bei den Veilchen steht Christian Ilzer bereits nach zwei Runden auf der Abschussliste), bei Rapid reden die Fans bei der Aufstellung mit, es gibt Freunderlwirtschaft übelster Sorte (was etwa soll der über 70-jährige Ex-Trainer Pepi Hickersberger als Sportlicher Berater beitragen, was befähigt einen Zoran Barisic zum Sportdirektor?) und es wird weitergewurschtelt – in der Hoffnung, dass es eh irgendwann besser wird, weil ja alle so viel trainieren und voll bei der Sache sind, wie ständig beteuert wird. Es krankt dort an allen Ecken und Enden. Und ja: Bei Rapid oder Austria samt deren Umfeld wäre wohl auch ein Valérien Ismaël nach wenigen Runden angezählt.
Beim LASK des Jahres 2019 hat man diesen Uralt-Wahnsinn gottlob weit hinter sich gelassen. So lässt man sich etwa mit den Fans nicht auf Endlos-Diskussionen über „schwule“ Dressenfarben (manch einer reibt sich am pinken Farbfleck eines Sponsors) oder (wohl zu Recht ausgesprochene) Stadionverbote ein. Es gibt auch keine Eitelkeiten oder Eifersüchteleien innerhalb des Vorstandes (mehr), alles ist klar geregelt. Bein sportlichen (Personal)Entscheidungen reden einzig und allein echte Profis mit und keine „verdienten“ Legenden oder Fanklubs. Man hat man zu keiner Sekunde das Gefühl, irgendwas könnte schief gehen oder in eine falsche Richtung laufen. Selbst eine Niederlage – oder gar eine ganze Serie davon – würde das LASK-Schiff vom Kurs abbringen. Der ehemals krisengebeutelte Linzer Klub und seine Macher rund um Präsident Siegmund Gruber ist viel zu geerdet, der Wahnsinn mittlerweile in Wien verortet. Dort lächelt kaum noch jemand über den LASK – trotz des fast dreifachen Budgets. Und das wird in den kommenden Jahren auch so bleiben. Wien ist anders und bleibt Gottseidank anders… als Linz.
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