Linzer Gemeinderat schleppt 68 offene Anträge hinter sich her
Entscheidungsstärke kann man dem Linzer Gemeinderat nicht immer attestieren: Sehr gerne werden Anträge, bei denen man nicht entscheiden will, in Ausschüsse verschoben. Papier ist bekanntlich geduldig, das jeweilige Anliegen verstaubt dann dort oft jahrelang. Aktuell sind es 69 oft sehr gute Anträge, die teilweise seit über fünf Jahren (!) auf ihre Erledigung warten…
Seit 18. Februar 2016 etwa ist ein Antrag für eine Begegnungszone in der Urfahraner Hauptstraße offen, laut Aufstellung wurde dieser vom Infrastruktur-Ausschuss in mittlerweile 41 (!) Sitzungen nicht zum Abschluss gebracht worden. Aktueller Status: “In Bearbeitung” – und das seit fünf Jahren und drei Monaten…
Ebenfalls im Februar 2016 wurde das Projekt “Road Diet” (Verschlankung und Begrünung der Raserstrecke Dinghoferstaße) eingebracht. Status: ebenfalls immer noch “in Bearbeitung”. Die schleppende Arbeitsweise von Ausschüssen kann wie in diesem Fall auch furchtbare Folgen haben: Kürzlich starben auf den schnurgeraden Raserstrecken der Innenstadt bekanntlich zwei junge Verkehrsteilnehmer infolge überhöhter Geschwindigkeit…
Seit April 2016 lagert ein FPÖ-Antrag zur “Verbesserung der Treffsicherheit des Linzer Aktivpasses” im Ausschuss für Soziales. Zähl- oder greifbares Ergebnis gibt es auch hier bis heute keines – nach 48 Sitzungen, verteilt über fünf Jahre. Auch ein Antrag zur “wirtschaftlichen und künstlerischen Belebung der Südlichen Landstraße” dümpelt seit 1.810 Tagen unerledigt im Ausschuss für Kultur und Tourismus vor sich hin.
Im Juni 2016 wollte die Linzer ÖVP einen Motorik-Wanderweg in der Solar City einrichten – eine gute Idee, die eigentlich relativ flott umzusetzen wäre. Die Mehrheit im Gemeinderat war anderer Meinung… und schob die Idee auf die lange Ausschuss-Bank. 38 Sitzungen und Gespräche später gibt es weder ein Ergebnis noch einen Motorikwanderweg. In Summe ist die Liste der offenen Anträge 68 Positionen lang. Ruhmensblatt ist das 28 Seiten starke Dokument keines.
Auszug unerledigter Anträge des Linzer Gemeinderats (bisher verstrichene Bearbeitungsdauer in Tagen):
Hauptstraße Urfahr – Begegnungszone: 1.927 Tage
Road Diet Dinghoferstraße: 1.927 Tage
Erhöhung Treffsicherheit Aktivpass: 1.881 Tage
Belebung der südlichen Landstraße: 1.815 Tage
Umlweltfreundliche Handy-Ladestationen für Linz: 1.290 Tage
Maßnahmenpaket gegen Vereinsamung von Senioren: 919 Tage
Linzer Grilldilemma: 796 Tage
Maßnahmenpaket gegen Extremismus: 758 Tage
Fußgängerfreundliches Makartviertel: 757 Tage
Parkgebührenbefreiung an Freitagen ab 15 Uhr: 345 Tage
Kommentar
Es ist eine traurige Tatsache: In Wirklichkeit ist die Zuweisung von Gemeinderatsanträgen in einen Ausschuss nicht viel besser als die “runde Ablage” – es ist für den Gemeinderat eine gute Möglichkeit, nicht als Nein-Sager dazustehen, aber das Problem eines “fremden” Antrags trotzdem elegant zu entsorgen. Wie zu erfahren war, dauern die monatlichen Sitzungen dieser Aussschüsse oft nur 15-30 Minuten – für viele Mandatare (die von den Fraktionen dorthin gesetzt werden) ist es eine lästige Pflicht, die nicht extra bezahlt wird. Entsprechend “engagiert” gehen die meisten Gemeinderäte an diese Aufgabe heran.
Oft werden gute, sinnvolle Anträge aber auch ganz bewusst einem Ausschuss zugewiesen, weil die anderen Parteien dem jeweiligen Antragsteller einen Erfolg schlichtweg nicht gönnen. dann wäre es allemal besser, gleich offen und ehrlich mit Nein zu stimmen.
Es braucht hier endlich mehr Druck, aber kein endloses “Bearbeiten” von Anträgen, bis sich das Problem mit dem Ende der aktuellen Regierungsperiode unerledigt von selber löst. Eine probate Möglichkeit wäre die Festlegung eines Zeithorizonts, bis zu dem es zu einer Lösung kommen muss. 68 teilweise seit Jahren immer noch unerledigte Anträge – viele davon mit spannenden Ideen – sind eine Zumutung und zeugen von wenig Respekt gegenüber den Antragstellern.
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