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Keiner will Bibelgeschwafel

24. August 2022
in Freizeit, Linz
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Er ist alles alles andere als ein gewöhnlicher Geistlicher: Der engagierte Linzer Pfarrer und „Tierpapst“ Franz Zeiger von der Pfarre Linz-St. Peter feiert am Samstag (2. Juli) sein 25-jähriges Priesterjubiläum. Was Zeiger auszeichnet: kein vergilbtes, theoretisches Bibelgeschwafel von oben herab, sondern Menschlichkeit und Nächstenliebe auf Augenhöhe. Wir haben Franz Zeiger zum großen LINZA Sommerinterview gebeten.

„Am 28. Juni 1997 wurde ich im Neuen Dom zu Linz zum Priester geweiht. Ich darf also heuer mein silbernes Priesterjubiläum feiern“, sagt der hemdsärmelige Geistliche, der so gar nicht ins Klischee eines Pfarrers passt. Gefeiert wird Das silberne Priesterjubiläum am Samstag ab 19 Uhr am Vorplatz und in der Kirche der Pfarre Linz-St. Peter – das ist die Pfarre jenes Stadtteils, die Ende der 1930er-Jahre dem Bau der Hermann-Göring-Werke weichen und in Richtung Spallerhof übersiedeln musste.

Die Kirche als offenes Haus für Zwei- UND Vierbeiner: Pfarrer Zeigers Kirche am Spallerhof.

Konzert und „feuriges Finale“
Die Festmesse findet am 3. Juli um 9.30 Uhr statt. Bereits am Vorabend (2. Juli/19 Uhr), steigt das Benefizkonzert „Pan Romantic Night“ mit dem Linzer Szenewirt und Panflötenvirtuosen Günter Hager. Der Linzer Gastronom hat in Nordindien bereits mehrere Sozialeinrichtungen für Waisenkinder und alte Menschen gebaut. Im Rahmen seiner Aufenthalte erlernte er dort auch das Panflötenspielen. Nach dem Konzert (Eintritt frei) wird vor der Kirche am Petersplatz das Sonnwendfeuer entzündet.

Franz Zeiger im LINZA-Talk:

Franz Zeiger, Sie sind ein relativ spät berufener Pfarrer. Wann und warum haben Sie sich dazu entschieden, Ihr Leben Gott zu widmen?
Ich war so um die 25. Die Tendenz ist bei mir immer dorthin gegangen, Dienst an den Menschen zu verrichten. Und als junger Mensch dachte ich mir, dass ich innerhalb der Kirche doch das eine oder andere bewegen kann.

Wie waren diese 25 Jahre als Pfarrer für Sie – haben Sie tatsächlich etwas bewegen können?
Ja, ich denke schon. Ein gutes Beispiel ist die Sache mit der Tiertafel und den Tiersegungen, die wir schon sehr lange hier machen. Das hat innerkirchlich etwas bewegt, Tiersegungen werden mittlerweile in vielen Pfarren und an vielen Orten durchgeführt. Dieses anthropozentrische Weltbild, dass der Mensch im Mittelpunkt steht und die alleinige Krone der Schöpfung sei – das war mir immer ein Dorn im Auge.

Gab es auch Ernüchterungen in diesen 25 Jahren?
Natürlich, Priester zu werden ist ein bisschen so, wie wenn man heiratet (lacht).

Und Zweifel auch?
Die hat man immer. Als Priester ist man ja nicht automatisch über alles erhaben. Es ist immer ein Ringen um den Glauben, man stellt sich wie im weltlichen Leben immer wieder Fragen.

Was genau macht den Reiz des Priesterjobs aus – neben dem Gedanken zu helfen und für die Menschen da zu sein?
Man kann relativ frei in seiner Pfarre arbeiten und hier auch vieles bewegen und mitgestalten. Und so lange man keinen Blödsinn dreht, redet dir auch niemand drein. (lacht)

Würden Sie heute alles nochmal so machen und wieder Pfarrer werden wollen?
Ja, obwohl ich glaube, dass es heute ungleiche schwieriger ist, sich für den Priesterberuf zu entscheiden, weil es völlig unklar ist, wie das Arbeitsumfeld in zehn Jahren ausschaut.

Immer mehr Menschen treten aus der Kirche aus, warum ist das so?
Das Grundproblem liegt darin, dass kaum noch eine kirchliche Bindung an die Pfarren besteht, da gibt es eine große Entfremdung. Die Kirche gibt heute zudem großteils Antworten auf Fragen, die sich die Menschen gar nicht stellen. Wenn dann auch noch einmal im Jahr der Zahlschein für etwas ins Haus kommt, mit dem man gar nix mehr anfangen kann, geht man halt irgendwann. Auch die Missbrauchsskandale und der damit verbundene Vertrauensverlust plus der berechtigten Empörung darüber haben die Austrittszahlen explodieren lassen. Der Niedergang hat aber schon viel früher begonnen. Die Skandale haben alles letztlich nur beschleunigt.

Dennoch gab es doch immer wieder Reformbestrebungen in der Kirche.
Ich bin seit 1995 im Dekanat Linz-Süd, damals habe ich als Religionslehrer in der Berufsschule angefangen. Seither wurden immer wieder neue Pastoralkonzepte oder „Zukunftswege“ ausgegeben. Danach hieß es, dass jetzt alles anders und besser werden würde. Passiert ist aber nix. Die Kirche kreist ständig nur um sich selbst und es wird von oben herab entschieden.Wir befinden uns in einer großen Umbruchszeit, die Kirche schafft jedoch keinen adäquaten Strukturwandel und findet auch nicht die Antworten auf die richtigen Fragen, die die Menschen beschäftigen.

„Nur vom Predigen und frommen Geschichten wird niemand satt.“

Franz Zeiger

Zum Beispiel?
Nehmen Sie nur die aktuelle Krise samt Inflation, wo den Menschen hinten und vorne das Geld ausgeht und es an allen Ecken und Enden fehlt. Die Bedürftigen stürmen die Tafeln, von denen viele mittlerweile zusperren müssen, weil sie den Ansturm nicht mehr bewältigen. Wo ist da die Kirche? Warum kommt da nichts? Wo ist da ein Aufruf des Zuammenhelfens und Unterstützens? Hier könnte de Kirche punkten und somit glaubwürdig werden. Nur vom Predigen und frommen Geschichten wird aber niemand satt.

Wie betrachten Sie die derzeitige weltweite Entwicklung: Bereitet Ihnen das als „Berufsoptimist“ Sorge?
Ganz ehrlich: Ja, sehr! Auch diese allgemeine Kriegsbegeisterung von allen Seiten schockiert mich. Wir sitzen auf einem Pulverfass.

„Viele würden vom Weltuntergang noch ein Selfie knipsen und das auf Facebook posten.“

Franz Zeiger

Rücken die Menschen jetzt enger zusammen oder gibt es zunehmenden Egoismus und schaut jeder mehr auf sich?
Was mich schreckt: Die Leute blenden alles aus und machen weiter „Business as Usual“. Viele würden vom Weltuntergang noch ein Selfie knipsen und das auf Facebook posten, so kommt mir das alles manchmal vor. Wir leben in einer Blase, alle glauben, das ist nur eine große Online-Show.

Zum Abschluss brauchen wir aber natürlich ein positives, persönliches Ende. Auf geht’s!
Am Ende des Tages wird alles gut ausgehen, das wissen wir als Christen. Jesus sagt ja: „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ Jesus macht keine leeren Versprechungen, aber das Leid gehört halt zum Leben dazu. Die aktuelle Entwicklung zeigt uns, dass wir auf der Erde noch nicht im Paradies sind. Ich glaube nicht, dass das Leben auf Erden alles ist, was wir erleben: Eine kurze Jugend, dann alt werden mit Kreuzschmerzen… da gibt es noch mehr innerhalb dieser wunderbaren, großartigen Schöpfung. Alles wird gut, da bin ich mir sicher!

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