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Die weißen Straßen von Linz

12. Januar 2022
in Freizeit
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Haben Sie sich auch schon über die derzeit vielen weißen Straßen in Linz gewundert? Nicht Schnee, sondern enorme Salzrückstände sind es, die die Verkehrswege überziehen. Gewaltige Salz-Berge werden trotz immer wärmerer und schneeloserer Winter jährlich in Linz ausgebracht. Gut so – oder kommen wir heute nicht mal mehr selbst mit nur leicht winterlichen Fahrverhältnissen zurecht?

4.500 Tonnen Salz waren es in der Rekordsaison 2009/10, heuer dürfen es um die 2.000 Tonnen werden: Viel „weißes Gold“, das die Stadt Linz jedes Jahr verbraucht, um die 590km Straßen und 250km Rad-/Gehwege auch im Winter benutzbar zu machen. Schon klar: In Zeiten von Social Media und klagefreudigen Bürgerinitiativen, Anwälten und „Wut-Bürgern“ ist man bei einem Ausrutscher sofort mit Zeter, Mordio, Anzeige und Gerichtsverfahren zur Stelle. Dass sich eine Kommune unter dem Motto „Lieber zu viel als zu wenig“ da in Sachen Salzstreuung doppelt absichert, scheint verständlich. Besser macht’s den ganz normalen Streuwahnsinn in unserer Stadt aber nicht.

Fotobeweis: "Salzgitter" liegt neuerdings nicht mehr in Deutschland, sondern in Linz.
Fotobeweis: „Salzgitter“ liegt neuerdings nicht mehr in Deutschland, sondern in Linz.

„Gezielte und sparsame Verwendung“
Es gibt zwar eine geltende Verordnung des Gemeinderats, um überbordende Salzstreuung einzudämmen. Diese kommt aber relativ zahnlos und mit vielen Ausnahmen daher. So heißt es etwa, dass eine „eine gezielte und sparsame Verwendung von Auftaumitteln“ vorzunehmen sei. Und „Der nachhaltige Schutz der menschlichen Gesundheit, des Bodens, der Pflanzen und Tiere sowie der Gewässer ist zu berücksichtigen“ , zudem seien „Auftaumittel nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß zu verwenden“.  Nette Worte und Sätze, nur: Wie sollen solche schwammigen Bestimmungen eingehalten und/oder geahndet werden – vor allem, wenn sich nicht mal die Stadt selbst dran hält – und streut, als wäre täglich eine 50cm-Schneewalze zu erwarten? Und: Kommen wir heutzutage nicht mal mit leicht winterlichen Fahrverhältnissen zurecht?

Zu viel Salz im Wasser und in den Böden schadet der Natur in vielfältiger Weise. Bestes Beispiel ist die Kastanienbaum-Allee an der Linzer Donaulände, die u.a. durch die viele Salzstreuung dermaßen stark geschädigt wurde, dass nur mehr einige wenige Bäume übrig sind. Auch in Graz sinkt der Bestand an Kastanienbäumen um etwa 20 pro Jahr, gefällte Bäume werden auch dort durch andere Arten ersetzt.

Sicher ist sicher ist sicher: "Salzstiege" im Donaupark
Sicher ist sicher ist sicher: „Salzstiege“ im Donaupark

Nur ein Esslöffel Salz pro Quadratmeter
Erlaubt sind laut Verordnung zudem nur „20 Gramm (1 Esslöffel) Auftaumittel pro Quadratmeter Fläche“. In der Realität – nicht nur in jener so mancher Hausmeister – wird meist die 5-10 fache Menge ausgebracht. Hunderte Tonnen Salz gelangen trotz immer weniger Frost- und Schneetage in unsere Böden. Es ist eine Entwicklung wie in vielen anderen Bereichen: Für alles wird Vater Staat verantwortlich gemacht, Eigenverantwortung beim Autofahren oder zu Fuß gehen ist mittlerweile unerwünscht. Das „Grillen“ eines Letztverantwortlichen ist immer leichter als auf Eigenverantwortung zu setzen.

Einen Vorteil hat das Salz aber: Die Verwendung von Schlacke, Asche, Quarzsplitt, Quarzsand und Betonrecyclingsplitt führt zu einer weit größeren Feinstaubbelastung. Mögliche Bußgelder (bis 218 Euro) muss übrigens keiner fürchten: Auch in diesem Winter gab es keine entsprechenden Strafen.

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