Halbzeit in der aktuellen Legislaturperiode in Oberösterreich – höchste Zeit für ein „Kabinengespräch“ mit OÖs Kapitän, Landeshauptmann Thomas Stelzer.
Herr Landeshauptmann, in der aktuellen Legislaturperiode in Oberösterreich erfolgt heuer im Herbst der Halbzeitpfiff. Wie fällt Ihr Rückblick auf die erste Hälfte aus?
In einem angespannten globalen Umfeld hat sich Oberösterreich gut behauptet, wir haben beispielsweise einen weiterhin relativ stabilen Arbeitsmarkt. Zudem machen wir beim Ausbau der Eigenversorgung mit Energie entscheidende Fortschritte. So sichern wir Arbeit, Produktion und Wohlstand in Oberösterreich. Eine zentrale Leistung für sozialen Zusammenhalt und Absicherung der Demokratie.
Bei der eben geschaffenen EU-Wahl hat sich die ÖVP nach überschaubaren Umfragewerten gut geschlagen. Was nehmen Sie aus dieser Wahl aus OÖ-Sicht mit?
Wir wollen Platz 1 – und das ist bei der Nationalratswahl machbar. Die bevorstehende Nationalratswahl wird eine Richtungsentscheidung. Wir stehen mit Bundeskanzler Karl Nehammer für eine verlässliche Politik der Mitte, für Sicherheit und Klarheit.
„Gerade in Zeiten eines unsicheren globalen Umfeldes suchen die Menschen Stabilität, Verlässlichkeit und Ausgewogenheit. Extrempositionen spalten und liefern keine Lösungen.“
Was überrascht: Ähnlich wie in Deutschland wählen auch bei uns die jungen Menschen eher nicht Links oder Grün, sondern Rechts bzw. Konservativ. In Deutschland bekam die Letzte Generation, die bei den EU-Wahlen antrat, gerade mal 0,3 Prozent der Stimmen.
Gerade in Zeiten eines unsicheren globalen Umfeldes suchen die Menschen Stabilität, Verlässlichkeit und Ausgewogenheit. Extrempositionen spalten und liefern keine Lösungen. Das haben die Menschen vielerorts längst erkannt. Wichtig ist, dass wir den jungen Menschen eine Perspektive anbieten können.
In Deutschland ist der Begriff „Rechts“ im politischen Diskurs mittlerweile ein Unwort. Wie „problematisch“ ist die Zuschreibung „Rechts“ aus Ihrer Sicht?
Wir als Volkspartei stehen für christlich-soziale Werte und eine Politik der Mitte. Damit grenzen wir uns gegenüber Extremismen auf der linken Seite ebenso ab wie gegenüber Rechtsextremismus. Die Mitte ist immer dort, wo Alltag und Hausverstand der Menschen liegt.
Apropos Deutschland: Wie bewerten Sie die politische Entwicklung bei unseren Nachbarn?
Die Situation in Deutschland ist derzeit nicht sehr erfreulich, im Gegenteil. In der Vergangenheit war Deutschland die Wirtschaftslokomotive Europas, davon ist derzeit nichts zu spüren. Daraus müssen wir in Österreich die richtigen Schlüsse ziehen. Es braucht in der Führung eines Landes verlässliche Parteien mit Blick auf Sicherung von Arbeit, Standort und Wohlstand. Genau dafür stehen wir als Volkspartei.
Die Krise scheint zumindest in Teilen überwunden, am Arbeitsmarkt und bei den Konkurszahlen schlagen die Nachwirkungen aber erst jetzt auf. Was steht uns da noch bevor – und wie kann OÖ dem entgegenwirken?
Wir haben Chancen und Möglichkeiten für wieder höheres Wirtschaftswachstum. Der Arbeitsmarkt in Oberösterreich ist robust. Klar ist aber auch, dass wir die Rahmenbedingungen anpassen müssen. In OÖ machen wir das beispielsweise durch unsere Deregulierungsoffensive. Die EU ist da aber auch gefordert.
Oberösterreich ist in der Bundes-ÖVP mit Staatssekretärin Claudia Plakolm gut vertreten. Ein/e Minister /in aus OÖ fehlt aber – mit Wolfgang Hattmannsdorfer gäbe es in Ihrem Team einen, den viele diesen Job zutrauen. Würden Sie ihn nach der Wahl im Herbst ziehen lassen?
Wir haben in Oberösterreich zahlreiche engagierte und talentierte Persönlichkeiten in politischer Verantwortung – in den verschiedensten Bereichen und auf den verschiedensten Ebenen. Oberösterreich ist eben das Land der Möglichkeiten. Hier können sich Persönlichkeiten entwickeln und entfalten. Wie im Fußball gilt auch an dieser Stelle: Die besten Köpfe für unser starkes Team Oberösterreich.
„In der Landesregierung fallen mehr als 90 Prozent der Beschlüsse einstimmig und mit der Stadt Linz verbindet uns die Zielsetzung, für unsere Heimat etwas weiterzubringen.“
Die Achse Stadt Linz und Land OÖ funktioniert ganz gut. Streitpunkt sind aber immer wieder die aus Linz-Sicht zu hohen und „unverhältnismäßig“ steigenden Transferzahlungen der Stadt an das Land. Können Sie das nachvollziehen?
Wir arbeiten in unserem Land über Partei- und Gebietskörperschaftsgrenzen hinweg gut zusammen. In der Landesregierung fallen mehr als 90 Prozent der Beschlüsse einstimmig und mit der Stadt Linz verbindet uns die Zielsetzung, für unsere Heimat etwas weiterzubringen. Beste Beispiele dafür sind aktuell die Regional-Stadtbahn und die neue Digital-Universität. Da treten kleinkarierte und nicht nachvollziehbare parteipolitische Meinungsäußerungen in den Hintergrund. Wichtig ist, dass Lebensqualität und Wirtschaftskraft gemeinsam abgesichert werden.
Was passiert eigentlich mit all den Transferzahlungen? Linz „unterstellt“, diese Geldflüsse seien ungerecht.
Wie gesagt: Ich halte nichts davon, angesichts großer Herausforderungen ins Klein-Klein abzugleiten. Linz wird von uns als Land OÖ auf Augenhöhe mit den anderen Gemeinden unterstützt und sicher an keiner Stelle benachteiligt. Linz hatte zuletzt übrigens einen positiven Rechnungsabschluss. Und man darf nicht vergessen, was das Land in Linz alles finanziert.
Linz ist neben Wien eine der letzten große urbanen roten Hochburgen, die auch bei der EU-Wahl nicht wackelten. Warum tut sich eine sonst sehr gut performende ÖVP in Städten teils immer noch schwer?
Wahlergebnisse haben ihren Ausgangspunkt immer auch in einer historisch gewachsenen Wählerstruktur. Das gilt ja nicht nur in Linz. Das bürgerliche Potenzial in Linz versuchen wir als ÖVP auch weiterhin bestmöglich auszuschöpfen.
Integration und (illegale) Zuwanderung bleiben auch weiter die brennenden Zukunftsthemen. Gefühlt dreht sich Österreich in dieser Frage wie viele andere Länder im Kreis. Braucht es neben der Bezahlkarte nicht mehr und auch rigorosere Maßnahmen?
Zentraler nächster Schritt ist die Inkraftsetzung des europaweiten Asylpakts. Mit rigorosem Außengrenzschutz, Verfahrenszentren direkt an der Außengrenze und einer gerechten Lastenverteilung unter den EU-Staaten.
Andere Länder wie die Niederlande haben einen härteren Asylkurs angekündigt. Kommt auf uns jetzt ein Wettbewerb der Verschärfungen zu – Motto „Den Letzten beißen die Hunde“?
Gerade der Blick auf die Niederlande zeigt doch, dass für politischen Populismus und Extrempositionen der Rückenwind abflaut. Die Leute erwarten praktikable Lösungen. Und die haben Populisten noch nie gebracht.
Der hohe muslimische/ausländische Anteil an Kindern speziell in den Volksschulen gibt Anlass zur Sorge. Wie sehen Sie das?
Dazu haben wir eine klare Haltung: Christentum und Aufklärung sind die Fundamente der europäischen Werte. Integration heißt, diese Werte zu erhalten und zu pflegen. Da nachzugeben, wäre falsch. Insbesondere dem politisch-ideologischen Islam müssen Grenzen gesetzt werden.
In OÖ ist die ÖVP sehr stabil unterwegs, auch unter den Parteien geht es großteils sehr amikal und nahezu freundschaftlich zu. Als Medienmensch ist man fast dazu verleitet, zu sagen, es ist zu ruhig, man wünscht sich da und dort mehr Würze.
Wir bemühen uns als Volkspartei Tag für Tag, das Land ein Stück besser zu machen und voranzubringen. Dazu laden wir alle politischen Mitbewerber ein. Weil das mein Anspruch an Politik ist und weil das die Erwartungshaltung der Menschen an Politik ist. In Oberösterreich halten und arbeiten wir zusammen – das ist eines unserer Erfolgsrezepte.
Was bleiben in der zweiten Halbzeit der Legislaturperiode die großen Herausforderungen für Oberösterreich bis 2027?
Das große Thema ist Sicherheit in allen Facetten: Sicherung von Arbeit und Wettbewerbsfähigkeit. Sicherung der Energieversorgung. Sicherung von sozialem Zusammenhalt und Demokratie.
Und wann gibt’s den Spatenstich für die Linzer Stadtbahn?
Ich gehe davon aus, dass der Baubeginn wie geplant 2028 erfolgen kann.
Sie sind gebürtiger Linzer, aber bereits vor vielen Jahren aufs Land gezogen. Wieviel „Linza“ steckt noch in Thomas Stelzer?
Seine Wurzeln vergisst man nicht. Als Landeshauptmann habe ich ein Ziel: Arbeiten für Oberösterreich.
Die Sommerpause und damit die Urlaubszeit naht mit Riesenschritten. Wo zieht es die Stelzers heuer hin?
Wie jedes Jahr werde ich mit meiner Familie wieder erholsame Tage auch in unserem wunderschönen Oberösterreich verbringen.
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