Ganz OÖ ist frei von politisch unkorrekten, inkriminierenden oder rassistischen Begriffen und Bezeichnungen. Ganz OÖ? Nein. Immer noch gibt es ein paar unbeugsame Unternehmen, die sich nicht an den Vorgaben der Sprachpolizei orientieren. Aktuell stehen zwei traditionelle Konditoreibetriebe in der Kritik: Beim KASTNER in Bad Leonfelden und beim JINDRAK in Linz wird eine beliebte Spezialität etwa immer noch als vermeintlich rassistischer „Indianerkrapfen“ verkauft. Weiter ist da schon die Wiener AIDA-Konditorei-Kette, dort firmiert der Indianderkrapfen seit bereits drei Jahren als mehr oder weniger unbedenkliche „Schoko-Bombe“.
In Bad Leonfelden firmiert das mit Schlagobers gefüllte und mit dunkler Schokolade umhüllte Biskuit-Gebäck immer noch als „Indianerkrapfen“. Die meisten werden jetzt wohl „Na und?“ denken. Nicht so Userin Andrea W., die uns auf den „Skandal“ aufmerksam gemacht hat. Sie kehrte nach einer Wanderung auf den Sternstein bei der Konditorei Kastner in Bad Leonfelden ein.
„Traute meinen Augen nicht“
„Ich traute meinen Augen nicht, dort wird der Schokokrapfen immer noch als Indianerkrapfen angeboten, was ich für absolut rassistisch halte. Willkommen im 18. Jahrhundert!!!!!“, schreibt uns Frau W. via Mail. Auch beim JINDRAK in Linz soll es den „Indianerkrapfen“ immer noch geben, ergänzt Frau W. in ihrem Schreiben.
Vermutlich um einem möglichen Shitstorm zu entgehen, zog die traditionelle AIDA-Konditorei aus Wien bereits 2021 die Reißleine: Vor über drei Jahren suchte man via Facebook-Voting eine neue Bezeichnung für die üppige Köstlichkeit. Zur Auswahl standen die Bezeichnungen „Schoko-Bombe“, „Dalmatiner“, „Schoko Burger“ und „Wolke im Schokohimmel“. Die meisten Stimmen holte am Ende die „Schoko-Bombe“ – aber ob diese Bezeichnung angesichts der vielen Krisenherde viel g’schmackiger ist, sei mal dahingestellt.

Geschichte: Keine Hinweise oder Verbindungen zum Leid der Indianer
Es ist immer ganz gut, ein wenig zu recherchieren, bevor man die Rassismus-Keule auspackt, denn: Ein rassistischer oder diffarmierender Hintergrund für „Indianer-Krapfen“ lässt sich aus der Historie nicht ableiten. „wienwiki“ schreibt, die Bezeichnung tauchte erstmals um 1820 auf und soll vielmehr an aus Madras (Indien) stammende Artisten wie den „berühmten Indianer“ Thomas Bauleau oder den Equilibristen Kurom Balahia Titecan erinnern, die zu dieser Zeit in verschiedenen europäischen Städten, darunter auch in Wien, gastierten.
Bei der Wiener Kochbuchautorin Anna Dorn (1827) heißen die Indianerkrapfen „Chocolate-Krapfen mit gefaumter Milch gefüllt“. Katharina Prato nennt die Süßspeise 1858 „Indianer Krapfen“. Die Mehlspeise war im Wien des 19. Jahrhunderts als „Indianer Krapfen“ sehr populär, wie zahlreiche Zeitungs-Annoncen von Zuckerbäckern belegen würden, so wienwiki.
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Kommentar
Abstruser geht’s wohl nimmer: Jetzt steht auch der „Indianerkrapfen“ im Rassismus-Verdacht, obwohl die Historie beweist, dass dieser Name absolut null mit den amerikanischen Ureinwohnern oder mit Rassismus zu tun hat. Die Bezeichnung geht vielmehr auf indische Artisten zurück, die einst auf Wien-Gastspiel weilten.
Beschwerden von den Vertretern der Ureinwohner Amerikas oder von der indischen Regierung wurden bislang jedenfalls weder beim Jindrak noch beim Kastner deponiert. Auch der Gerichtshof für Menschenrechte in Den Haag wurde völlig überraschend immer noch nicht aktiv. In Wien hat man die Süßspeise dennoch vorsorglich bereits 2021 namentlich entsorgt und durch die „Schoko-Bombe“ ersetzt.
Mit den selben, völlig sinnentleerten Argumenten müsste man auch den Schwarzwald (möglicherweise ein prähistorisches Indianerreservat), Schwarzenberg im Mühlviertel (wer weiß, einst eine Sklavenkolonie?) und Schwarzindien am Mondsee (Verdacht der kulturellen Aneignung) umbenennen, hier könnten möglicherweise ebenfalls Gefühle verletzt werden.