Meinungsforscher haben‘s – Stichwort Beinschab – nicht leicht in diesen Tagen. Das LINZA stadtmagazin plauderte mit David Pfarrhofer, Geschäftsführer des MARKET Instituts, über die Branche – und ob man Umfragen noch glauben kann.
David Pfarrhofer, wie geht’s einem Meinungsforscher aktuell: Kommen Ihnen privat oder beruflich derzeit öfters blöde Sprüche entgegen?
Man bekommt solche Sachen jetzt natürlich vermehrt mit – allerdings eher im privaten Umfeld und weniger im Kundenkontakt. Denn die wissen genau, dass wir sehr seriös unterwegs sind. Das Bild, das die Branche aktuell wegen einer einzigen Person abgibt, ist natürlich verheerend.
Oft genügt ein Vorfall oder ein schwarzes Schaf, um eine ganze Branche in Misskredit zu bringen. Ist der Schaden ein dauerhafter?
Diese Geschichte werden wir sicher länger hören, schon alleine weil es einen Untersuchungsausschuss gibt, der sich über viele Monate ziehen wird und der das Thema immer wieder aufkocht. Wirtschaftlich schaden wird es uns aber nicht. Die meisten Umfragen drehen sich zudem ja nicht um die Politik, sondern um Produkte, Unternehmen, Mitarbeiter oder gesellschaftliche Themen. Hier ist die Glaubwürdigkeit nach wie vor hoch und hat auch keinen Schaden genommen.
“Die Glaubwürdigkeit ist nach wie vor hoch und hat auch keinen Schaden genommen.”
David Pfarrhofer
Wie auskunftswillig sind die Menschen bei Umfragen überhaupt? Die Skepsis vor fremden Anrufern ist in den letzten Jahren vermutlich enorm gestiegen.
Es kommt immer sehr stark auf den Einstieg des Gesprächs an. Ganz schlecht ist, wenn man sagt, dass man ein paar Fragen zur politischen Situation hat, das kommt gar nicht gut an. Besser ist ein allgemeiner Einstieg und eine Überleitung zur Politik, dann ist die Bereitschaft zum Mitmachen ungleich größer. Ein realistischer Wert sind 35 Prozent – bei einer Umfrage mit 500 Teilnehmern braucht es somit etwa 1.500 Anrufe.
Und wer ist auskunftsbereiter bei Umfragen: Junge, Alte, Männer, Frauen?
Das klassische Bild ist, dass Ältere und Frauen eher mitmachen. Junge Menschen sind mobiler und schwerer zu erreichen. Das war aber vor 20 Jahren schon so und ist nichts Neues.
Wie überall im Leben sagen auch bei Umfragen nicht alle die Wahrheit. Wieviele Menschen belügen Sie?
Da muss man unterscheiden zwischen telefonischem und Online-Interview: Online wird die soziale Distanz intensiver wahrgenommen, womit das Antwortverhalten realitätsnaher ausfällt. Wir haben das im Rahmen der Wahl 2017 über mehrere Tage getestet und eklatante Unterschiede zwischen Telefon- und Online-Befragungen festgestellt. Am Telefon gibt es das sog. „Underreporting“ immer noch – Befragte geben zum Beispiel nicht zu, dass sie die FPÖ wählen. Das ist zwar weit weniger als zu Zeiten eines Jörg Haider geworden, dieses „Nicht-Zugeben“ existiert aber immer noch. Anders ist es bei den Grünen, da liegen die Antworten meist über dem tatsächlichen Wert.
Viel hängt natürlich auch von der Fragestellung ab. Lassen sich so auch gewünschte Ergebnisse leichter „erfragen“?
Ich muss zur Ehrenrettung unserer Kunden sagen: Sowas kommt in der Marktforschung nicht vor. Mir ist so ein Fall nur ein einziges Mal untergekommen, das war in den 1990er-Jahren. Da gab es den Wunsch, ob wir bei einer Umfrage zum Ankauf von Abfangjägern in die Fragestellung Argumente einfließen lassen könnten, damit eine Mehrheit JA sagt.
Darf der Kunde mitreden und eine Frage so formulieren, wie ER will?
Der Kundenwunsch kommt immer wieder – und ist auch verständlich,weil er ja Antworten zu seinem Produkt oder zu seiner Kampagne will. Wir wollen die Fragen aber methodisch richtig und optimal für den Kunden beantworten. Was wir natürlich nicht zulassen, sind extrem suggestive Fragen, die der Kunde vorgibt.
„Je intimer und persönlicher der Bereich, desto weniger echte Antworten bekommt man.“
David Pfarrhofer
Oft in der Kritik sind die relativ geringen Samples von nur 500 Befragten. Zurecht?
Wir machen jetzt immer 800, weil die Schwankungsbreite kleiner ist. Grundsätzlich ist eine saubere 500er-Stichprobe aber sehr wohl in der Lage, ein politisches Stimmungsbild abzubilden, auch wenn die Schwankungsbreite bei +/- 4,5% liegt. Bei doppelt so vielen Teilnehmern liegt die Schwankungsbreite bei 3,2%, ist also auch nicht bedeutend geringer.
Und welche Themen eignen sich absolut nicht für telefonische Umfragen?
Je intimer und persönlicher der Bereich, desto weniger echte Antworten bekommt man. Ein klassisches Beispiel ist dabei das Einkommen: Viele verraten nicht mal dem Partner, was sie wirklich verdienen. Warum sollten sie es dann bei einer Umfrage tun?
Mehr von Freizeit
„Herr, bitte lass Hirn für den Papst herabregnen“
Nichts „heilig“ scheint der MFG zu sein: „Liegt’s am stark fortgeschrittenen Alter (87) oder hat er einfach nur zu heftig …
Gastrobetrieb Nr. 54: Die Plus City wird immer mehr zur “Gastro City”
Wandel in vielen Innenstädten: Immer mehr Fastfood-, System- und Gastrobetriebe aller Art nehmen jenen Platz ein, den Einzelhandel-Geschäftsbetriebe leer hinterlassen. …
Bekommt der LASK (wieder) 3 Streifen?
Die Spatzen pfeifen von den Dächern: Der LASK dürfte ab der kommenden Saison mit adidas-Dressen auflaufen. Die Deutschen sollen laut …