Linz hat ein viel größeres Finanzproblem als befürchtet
Für Bürgermeister Klaus Luger ist der Prüfbericht des Landesrechnungshofs über die dramatisch schlechten Linzer Stadtfinanzen “Makulatur”. Aber kann man ein so dramatisches Prüfergebnis dermaßen locker abtun? Wir haben die wichtigsten, einigermaßen bersorgniserregenden Aussagen des Prüfberichts zusammengefasst. Popcorn, bitte!
190 Seiten dick und voll mit Zahlen, die sämtliche Alarmglocken schrillen lassen müssten: Der Prüfbericht des Landesrechnungshofes zeigt die drastische Entwicklung des Linzer Finanzhaushaltes schonungslos auf. Angekommen ist die Kritik jedoch kaum: Der Bericht ist für Bürgermeister Klaus Luger lediglich “Makulatur”:
- – Bis zu dreistelliges Millionen-Minus im Haushalt
Während die Stadt ihren außerordentlichen Haushalt jährlich durch Vermögens- und Schuldentransaktionen ausgleicht, zeigt sie im ordentlichen Haushalt seit Jahren Defizite. So erwirtschaftete sie bereits 2011 ein Defizit von 13 Mio. Euro. Dieses hat sie mit den neuen Fehlbeträgen (jährlich 20 bis 30 Mio. Euro) in den Folgejahren fortgeschrieben. Dadurch fehlten im Haushalt 2016 bereits 111,2 Mio. Euro.
- – Defizitabbau nur durch Vermögensverkäufe
Durch Vermögensverkäufe an stadteigene bzw. mehrheitlich im Eigentum der Stadt stehende Gesellschaften – insbesondere durch den Verkauf der Anteile an der LinzAG – verringerte die Stadt bis 2018 ihr Defizit auf 26,3 Mio. Euro. Da Ende 2019 nach Mitteilung der Stadt noch weitere Erlöse aus dem „Anteilsverkauf LinzAG“ … eingingen, konnte die Stadt das offene Defizit abbauen und den Haushalt ausgleichen. Den Defizitabbau 2017 und 2018 ermöglichten Vermögensverkäufe.
- – Gute Konjunktur, trotzdem Millionenverluste
Trotz der guten konjunkturellen Rahmenbedingungen erwirtschaftete die Stadt seit Jahren negative Ergebnisse. 2018 ist das „Maastricht-Defizit“ sogar massiv gestiegen: Allein der Kernhaushalt zeigt einen negativen Finanzierungssaldo von 18,4 Mio. Euro. Inklusive außerbudgetärer Einheiten beträgt es 38,7 Mio. Euro. Da zudem … eine Revision der Maastricht-Ergebnisse erfolgte, erhöht sich dieses negative Ergebnis … auf 45,7 Mio. Euro.
- – Schuldenrückzahlung nicht möglich
Mit dem langjährig viel zu geringen Ergebnis können nicht einmal die bestehenden Schulden zurückbezahlt werden. Zieht man von den jährlichen Ergebnissen der laufenden Gebarung jeweils die regulären Darlehenstilgungen ab, errechnen sich jährlich negative Freie Finanzspitzen. Auch 2018 war dieser Wert in Höhe von 55 Mio. Euro negativ.
- – Kein Einnahmenproblem, sondern zu hohen Finanzbedarf
Das außerordentlich hohe Kommunalsteueraufkommen und andere Einnahmen lassen darauf schließen, dass die Landeshauptstadt Linz kein Einnahmen- sondern ein Ausgabenproblem hat, das maßgeblich zu den geringen Überschüssen in der laufenden Gebarung beiträgt. Bei einem Anteil an der Bevölkerung in Oberösterreich von 13,8 Prozent erwirtschaftet die Landeshauptstadt im Jahr 2018 25,2 Prozent des gesamten Kommunalsteueraufkommens aller oö. Gemeinden.
- – Weniger Personalausgaben nur wegen Ausgliederungen Ausgliederungen machten es möglich, dass die Personalausgaben im städtischen Haushalt 2006 markant fielen und 2018 mit 129,2 Mio. Euro noch um 11,5 Prozent unter dem Niveau des Jahres 2005 lagen. Das ausgegliederte Personal blieb zwar weiterhin im Dienstverhältnis zur Stadt, wurde aber nicht mehr im Kernhaushalt abgebildet.
- – Überproportionale Steigerung im Verwaltungs- und Betriebsaufwand
Der Verwaltungs- und Betriebsaufwand (2018: 187,3 Mio. Euro) stieg im 13-jährigen Betrachtungszeitraum um 74,2 Prozent bzw. durchschnittlich 5,7 Prozent pro Jahr. Ein Großteil betraf den Sozialbereich, indem sich vor allem beim Aufwand für Sozialhilfe in Alten-und Pflegeheimen eine hohe Steigerungsrate von 115,8 Prozent bzw. 8,9 Prozent pro Jahr zeigte.
- – Ausgaben für Zinsen stiegen trotz Niedrigzinsphase um 63,1 Prozent
Trotz der anhaltenden Niedrigzinsphase sind auch die Ausgaben für Zinsen um 63,1 Prozent auf 16 Mio. Euro gestiegen. Die Zinsen verringerten 2018 das laufende Ergebnis um 73,4 Prozent. Die seit Jahren hohe Zinsenlast resultiert aus der langjährigen Finanz-, Schulden- und Investitionspolitik der Stadt. Dadurch ist die Belastung des Haushaltes durch die Bedienung der Schulden der Landeshauptstadt weit höher als jene des Landes OÖ und der oö. Gemeinden.
- – Mieten belasten Gebarung
Auffallend war auch, dass die Stadt insbesondere beim Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen vermehrt Mietverpflichtungen eingeht. Dies vermeidet Investitionsausgaben, führt aber zu keinem Vermögenszuwachs und belastet die laufende Gebarung. Solange die Stadt ihren Kernhaushalt nicht nachhaltig konsolidiert, … kann sie aus eigener Kraft aus dem städtischen Haushalt keine größeren Investitionen finanzieren.
- – Nicht 754,9 Millionen, sondern 1,5 Milliarden Euro Schulden
Auch wenn die Finanzschulden im Kernhaushalt zwischen 2016 und 2018 auf 754,9Mio. Euro gesunken sind, ist die Stadt Linz innerhalb Oberösterreichs bzw. im Vergleich zu anderen Landeshauptstädten mit rd.3.700 Euro je Einwohner sehr hoch verschuldet. Nicht enthalten sind darin kurzfristige Barvorlagen, ausgelagerte Schulden bei Beteiligungsunternehmen (Immobiliengesellschaften, Linz AG, Unternehmensgruppe derStadt Linz Holding GmbH) bzw. Finanzverpflichtungen für Sonderfinanzierungen (Umfahrung Ebelsberg, Mietmodelle mit langfristigem Kündigungsverzicht bei Seniorenheimen und Kinderbetreuung, Leasing Solar City). Werden diese Verbindlichkeiten ebenfalls berücksichtigt, verdoppelt sich die Verschuldung der Stadt im weiteren Sinn auf über 1,5 Mrd. Euro.
- – Zahlungsverpflichtung nur durch neue Schulden leistbar
Die aus der hohen Verschuldung resultierenden jährlichen Zahlungsverpflichtungen führen dazu, dass die Stadt diese Zahlungen zu einem großen Teil nur durch neue Schuldaufnahmen im Haushalt leisten kann. Dadurch ergibt sich insgesamt eine markante Laufzeitverlängerung fürdie jeweilige Investitionsfinanzierung.
Den gesamten Prüfbericht gibt’s online HIER
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