“Ob es wieder eine Zweierspitze geben wird, ist offen”
Nach dem Rückzug von Markus Hein ist er der neue starke Mann in der Linzer FPÖ: Michael Raml (34), gelernter Jurist, Ex-Bundesobmann des Rings Freiheitlicher Jugend (RFJ) und ehemaliger Bundesrat. Im LINZA-Talk skizziert Raml den zukünftigen Weg der Linzer FPÖ, der wieder kantiger und mehr auf Opposition ausgerichtet sein soll.
Michael Raml, ein Stadtratsposten ist weg, die Linzer FPÖ hat eine neue Spitze. Wie gehen Sie mit dem Wahlergebnis um, empfinden Sie es als gerecht?
Vorweg möchte ich Markus Hein für die gute Zusammenarbeit und das enge freundschaftliche Verhältnis danken. Seine 12-jährige Arbeit im Gemeinderat und in der Stadtregierung hat sehr viel bewegt. Natürlich hätten wir uns nicht nur darum ein besseres Ergebnis erwartet. Aber das Resultat ist vollinhaltlich zu akzeptieren, denn der Wähler hat gesprochen.
Was auffällt: Obwohl die FPÖ über zehn Prozent verloren hat, konnte die ÖVP keine Wähler dazugewinnen. Was ist los mit dem bürgerlichen Lager in Linz?
Es war auch für mich ein schockierendes Faktum, dass das bürgerliche Lager in Linz derzeit bei nur einem Drittel liegt. In Wahrheit ist dieses Lager aber nach wie vor viel größer. Die geringe Wahlbeteiligung hat – so glaube ich – uns am meisten geschadet. Es wird daher eine der größten Aufgaben für uns sein, diese Menschen wieder zurück an die Wahlurne zu holen.
“Es war auch für mich ein schockierendes Faktum, dass das bürgerliche Lager in Linz derzeit bei nur einem Drittel liegt.”
Michael Raml
Wenn man zurückschaut: 2009 holte die Linzer FPÖ 14,8 Prozent, im Ausnahmejahr 2015 gab es dann den Höhenflug mit 24,9 Prozent, ehe man sich jetzt wieder beim 2009er-Ergebnis eingependelt hat. Insofern keine große Tragik, oder?
Ja, aber wir hätten uns trotzdem mehr erwartet. Das Ergebnis ist jedenfalls ein Auftrag, noch stärker und akzentuierter für Linz zu arbeiten.
Die Wahlbeteiligung in Linz war mit 57,5% erschreckend niedrig. Die daheimgebliebenen Wähler kommen aus allen politischen Ecken. Selbst der Wahlsieger SPÖ musste ein Stimmen-Minus von fast 3.000 Wählern hinnehmen, bei der FPÖ waren es sogar 13.000. Was war da los?
Die niedrige Wahlbeteiligung ist für keine Partei ein Ruhmesblatt und sollte uns allen zu denken geben. Warum das so war, wissen wir alle noch nicht im Detail. In Graz gab es sogar eine noch niedrigere Wahlbeteiligung, es dürfte also kein Linz-spezifisches Problem gewesen sein. Solche Ereignisse wie aktuell jene rund um Sebastian Kurz tragen natürlich nicht dazu bei, die Wahlbeteiligung in Zukunft zu erhöhen.
Ganz selbstkritisch: Sehen Sie auch Fehler, die die Linzer FPÖ in den letzten sechs Jahren begangen hat?
Markus Hein hat eine hervorragende Arbeit geleistet. Die FPÖ hatte in den letzten sechs Jahren mit dem großen Ressort Verkehr und Stadtplanung eine Aufgabe, bei der man es aber nie allen recht machen kann, das liegt in der Natur der Sache.
Waren eure Themen richtig gesetzt?
Grundsätzlich glaube ich, dass wir schon die richtigen Themen angesprochen haben, darum werde ich hier auch nichts verändern. Sicherheit, Fairness, Heimatschutz, aber auch Freiheit sind bedeutender denn je. In der Kommunikation muss es uns aber gelingen, künftig wieder vermehrt jene Wähler anzusprechen, die uns früher schon mal gewählt haben, die diesmal aber zuhause geblieben sind.
Wie soll das gelingen? Mit dem Thema Sicherheit alleine wird das nicht zu schaffen sein, denn da sitzt auch die ÖVP massiv drauf.
Die FPÖ hat in jeder Thematik einiges zu sagen. Wir werden uns auch in jeden Ausschuss konstruktiv, aber sehr kritisch einbringen. Das erwarten sich unsere Wähler auch.
Das Thema günstiges Wohnen zum Beispiel hat niemand im Fokus.
Ja, aber mir geht es beim Wohnen um zwei Dinge: Wohnen muss natürlich leistbar sein. Aber die günstigste Wohnung hilft nichts, wenn Umfeld und die Qualität nicht passen, womit wir wieder bei der Sicherheit wären. Viele Linzer fühlen sich in ihrem Viertel nicht mehr heimisch und unsicher.
Bernhard Baier sprach von “Strafe”, weil er das Verkehrsressort umgehängt bekam.
Der Verkehr ist kein Strafressort, sondern eine große Herausforderung mit täglicher, harter Arbeit. Die ÖVP war zudem die Partei, die sich stets am lautesten hervorgetan hat, alles zu kritisieren. Jetzt hat Bernhard Baier sechs Jahre Zeit, seinen eigenen Slogan “Beim Verkehr braucht es Lösungen” umzusetzen.
“Es hat keinen Kuschelkurs mit der SPÖ gegeben, sondern eine Zusammenarbeit, die in Sachthemen in weiten Bereichen sehr gut funktioniert hat.”
Michael Raml
Der FPÖ-Kuschelkurs mit Bürgermeister Klaus Luger wurde nicht von allen gutgeheißen. Hätte es da und dort vielleicht mehr Distanz zur SPÖ gebraucht?
Es hat keinen Kuschelkurs mit der SPÖ gegeben, sondern eine Zusammenarbeit, die in Sachthemen in weiten Bereichen sehr gut funktioniert hat. Bei wesentlichen gesellschaftspolitischen Themen wie Zusammenleben oder Integration sind wir auf keinen rot-blauen Zweig gekommen. Nur ein Beispiel: Auch bei der jahrelangen SPÖ-Blockade wegen des Alkoholverbots im Hessenpark konnten wir uns schlussendlich durchsetzen. In den kommenden sechs Jahren werden wir hier weitere Akzente setzen.
Es ist ein Naturgesetz: Der Große frisst den Kleinen, Ober sticht Unter. Die Erfolge wurden sehr stark dem Bürgermeister zugesprochen, nicht aber der FPÖ. Hätte man da nicht früher gegensteuern und klare Kante zeigen müssen?
Wir haben immer versucht, den Linzerinnen und Linzern zu kommunizieren, wer für die Erfolge verantwortlich ist. In der täglichen Arbeit darf aber nicht immer die Frage im Vordergrund stehen, wem was hilft, sondern was für Linz am besten ist.
Wieviel harte Opposition, für die die FPÖ eigentlich bekannt ist und gewählt wird, wird es bis zur nächsten Wahl 2027 geben?
In Punkten wie der Integration hat es in den letzten Jahren immer massive Kritik und Opposition gegeben. Auch bei den Finanzen haben wir falsche Entwicklungen aufgezeigt und dabei auch einiges erreicht – Stichwort Kündigung des Theatervertrags oder Ausstieg der Stadt aus dem KUK. In den nächsten sechs Jahren wird es ein freies Spiel der Kräfte geben, dabei wird es zu einigen spannenden Konstellationen kommen.
Die Linzer FPÖ wurde in den letzten Jahren stets von einem starken Duo geleitet. Erst waren es Sebastian Ortner und Detlef Wimmer, zuletzt Sie mit Markus Hein. Wird es neben Ihnen wieder eine starke Nummer 2 geben?
Wir sind gerade dabei, innerhalb der Fraktion personelle Weichen zu stellen, für endgültige Entscheidungen ist es noch zu früh. Ob es wieder eine Zweierspitze geben wird, ist offen.
Als alter und neuer Sicherheits-Stadtrat wird für Sie die Zukunft sicher nicht leichter, aktuell rollt eine neue Flüchtlingswelle an. Macht Ihnen das Sorgen?
Vor allem die aktuelle Art der schleichenden Zuwanderung macht mir Sorgen. Wir kämpfen in Linz immer noch mit den Folgen der Zuwanderungswelle von 2015 – etwa bei der Kriminalität und der Sicherheit. Fast zwei Drittel der Mindestsicherung gehen in Linz an Nicht-Österreicher. Wir dürfen darum in Linz keine weiteren Anreize zur Zuwanderung setzen.
Was können Sie als Sicherheits-Stadtrat diesbezüglich überhaupt ausrichten? Die meisten ressortbezogenen Themen sind Landes- oder Bundessache. Sie würden wahrscheinlich ganz anders, wenn Sie könnten.
Natürlich ist es frustrierend, dass wir in Linz jene Probleme ausbaden müssen, die bereits an der österreichischen Außengrenze verhindert werden könnten.
“Ein Alkoholverbot alleine löst die Probleme im Volksgarten nicht”
Michael Raml
Warum bekommt man eigentlich das Alkoholproblem am Volksgarten nicht in den Griff? Dort geht’s trotz Alkverbot weiter rund. Manche sagen, es wird zu wenig hart durchgegriffen.
Meine Position ist klar: Unsere Parkanlagen sollen für Familien, ältere Menschen, spielende Kinder da sein. Im Hessenpark ist es uns sehr gut gelungen, den Park wieder den Anrainern zurückzugeben, ebenso großteils im Schillerpark. Im Volksgarten kontrolliert der Ordnungsdienst sehr intensiv. Man muss aber auch realistisch sein: Im Volksgarten kommen mehrere Faktoren zusammen: Alkoholiker, die Drogenszene sowie die Sinti und Roma, die sich dort in Gruppen aufhalten. Ein Alkoholverbot alleine löst die Probleme dort nicht.
Gibt’s eine Lösung, die funktioniert?
Dort braucht es eine polizeiliche Schutzzone, damit auch Durchsuchungen und Wegweisungen möglich sind. Als freiheitsliebender Mensch bin ich aber nach wie vor davon überzeugt: So wenig Verbote wie möglich, aber dort, wo sie notwendig sind, muss man sie auch anwenden und kontrollieren.
Interview: Wilhelm Holzleitner
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