„Gschad’t hat’s uns ned“, ist eine gängige Meinung jener Österreicher, die den Wehrdienst absolvierten. Bei uns besteht – anders als in vielen anderen EU-Staaten – seit 1866 mit wenigen Unterbrechungen eine allgemeine Wehrpflicht für männliche Staatsbürger. Aufgrund der allgemeinen Aufgeschlossenheit gegenüber Kriegen wird derzeit über eine Verlängerung auf 12 Monate diskutiert. Auch Frauen könnten künftig „eingezogen“ werden.
Fakt ist: Sechs Monate Grundwehrdienst sind konkurrenzlos kurz, kein anderes Land mit Wehrdienst bildet seine Bürger kürzer in Sachen Landesverteidigung aus. In Schweden sind es elf Monate, in Israel müssen Männer für 2,5 und Frauen für zwei Jahre zum Militär, in Nordkorea dauert die Wehrpflicht für Männer gar acht Jahre (Frauen fünf Jahre), in Südkorea sind es 18 Monate und in China zwei volle Jahre.
„1972 betrug das Durchschnittsgewicht von Stellungspflichtigen noch 70,7kg, im Jahr 2023 waren es laut Statistik Austria bereits 77,1 kg.“
In Österreich soll nun eine Kommission untersuchen, wie die Miliz wieder einsatzbereit und leistungsfähig gemacht werden kann. Erwin Hameseder, Milizbeauftragter des Verteidigungsministeriums, wird die Leitung dieser Kommission übernehmen. Er fordert eine Verlängerung des Grundwehrdienstes, zur Abschaffung der verpflichtenden Milizübungen 2006 sagt er, diese sei ein „gravierender Fehler“ gewesen.
Bei aller Lust, unser Heer wieder kampftauglicher zu machen: Dem steht eine ständig sinkende Zahl an tauglichen Grundwehrdienern gegenüber. Im Jahr 2023 (aktuellste verfügbare Zahlen) wurden 45.565 (im Jahr davor waren es 45.782) Wehrpflichtige zur Stellung gebeten. Davon waren fast 31 Prozent untauglich.
Man gilt als nicht geeignet, wenn man aus körperlichen oder psychischen Gründen nicht für den Wehrdienst geeignet ist. Auch die Fitness lässt mehr und mehr zu wünschen übrig: 1972 betrug das Durchschnittsgewicht von Stellungspflichtigen noch 70,7kg, im Jahr 2023 waren es laut Statistik Austria bereits 77,1 kg.
Zahlen zur Stellung von 2023:
• Tauglich: 31.516 (528 weniger als im Jahr 2022)
• Teiltauglich: 639 (119 weniger als im Jahr 2022)
• Untauglich: 9.989 (71 mehr als im Jahr 2022)
• Vorübergehend untauglich: 3.421 (359 mehr als im Jahr 2022)
Die vorübergehend Untauglichen werden zu einem späteren Zeitpunkt nochmals zur Stellung gebeten und entdscheiden sich dann, ob sie zum Grundwehrdienst oder zum Zivildienst wollen. Personalengpässe gibt es aber nicht nur bei den Grundwehrdienern: So sind bei der Miliz sind nur 58 Prozent der Offiziersstellen und nur 37 Prozent der Unteroffiziersstellen besetzt.
Europäische Länder mit bestehender Wehrpflicht:
Belarus:
Männliche Staatsbürger müssen dort 10,5 Monate Wehrdienst leisten. Zusätzlich gibt es regelmäßig Übungen für Reservisten.
Dänemark:
Etwa 20 Prozent der wehrpflichtigen Jahrgänge werden tatsächlich zum Dienst herangezogen. In der Regel melden sich ausreichend Freiwillige. Reicht die Anzahl nicht aus, erfolgt eine Auslosung, um den Bedarf zu decken.
Finnland:
Männer zwischen 18 und 30 Jahren sind wehrpflichtig. Danach gehören sie bis zum 60. Lebensjahr der Reserve an. Seit 1995 können auch Frauen auf freiwilliger Basis Wehrdienst leisten.
Georgien:
Männer sind verpflichtet, einen zwölfmonatigen Wehrdienst zu leisten. Die Dauer wurde in den letzten Jahren mehrfach angepasst, beträgt aktuell jedoch ein Jahr.
Griechenland:
Männer im Alter von 18 bis 45 Jahren sind verpflichtet, einen zwölfmonatigen Wehrdienst zu absolvieren. Diese Regelung gilt seit 2021.
Lettland:
Ab 2024 wird die Wehrpflicht wieder eingeführt. Zuvor war sie seit 2007 ausgesetzt. Sie gilt für alle männlichen Staatsbürger.
Litauen:
Nach der Abschaffung im Jahr 2008 wurde die Wehrpflicht 2015 wieder eingeführt. Der Wehrdienst dauert neun Monate.
Moldau:
Männliche Bürger ab 18 Jahren sind für zwölf Monate wehrpflichtig. Eine Abschaffung wurde mehrfach diskutiert, aber bislang nicht umgesetzt.
Norwegen:
Seit 2015 gilt die Wehrpflicht in Norwegen für Männer und Frauen gleichermaßen. Die Dienstzeit beträgt zwölf Monate.
Österreich:
Seit 2006 beträgt die Dauer des Wehrdienstes sechs Monate.
Schweden:
Die Wehrpflicht wurde 2017 wieder eingeführt. Der Dienst dauert elf Monate.
Türkei:
Alle männlichen Staatsbürger sind zum sogenannten „Vaterlandsdienst“ verpflichtet. Seit 2019 umfasst der Wehrdienst sechs Monate.
Ukraine:
Nach vorübergehender Abschaffung wurde die Wehrpflicht 2014 wieder eingeführt. Sie spielt eine zentrale Rolle in der militärischen Verteidigung des Landes im aktuellen Krieg.
Derzeit gibt es in Europa drei Länder, in denen auch Frauen wehrpflichtig sind: Dänemark, Norwegen und Schweden. In Norwegen etwa gilt seit 2015 eine geschlechtsunabhängige Wehrpflicht ab dem 19. Lebensjahr – mit einer Dienstzeit von 18 Monaten.
Titelfoto: Bundesheer/SIMADER