Gut, dass sich was tut am Hauptplatz und eine Umgestaltung mehr Leben ins eigentliche Zentrum von Linz bringen soll. Die gestern präsentierten Pläne des Siegerprojekts sind allerdings kein großer Wurf, sondern wieder mal ein kleinster gemeinsamer Nenner. Mut, Innovation? Na ja.
Vorbildlich verlief die Abwicklung – mit klaren (aber wohl zu strengen) Vorgaben, dazu ein offener, EU-weiter Architektenwettbewerb mit 34 großteils sehr ansprechenden Einreichungen. Am Ende gewann ein eher nüchternes Projekt von „3:0 Landschaftsarchitektur“ aus Wien, das Unternehmen hat u.a. mit der Neugestaltung des Hauptplatzes Leoben, des Kajetaner Platzes in Salzburg oder dem Europaplatz Graz einiges an Erfahrung im Neudenken von urbanen Plätzen. Positiv ist im Konzept der Gedanke, den Hauptplatz zu befreien und „aufzuräumen“.
„Das gestalterische und ökonomische Grundprinzip beruht darauf, die beständige Mitte des Platzes zu erhalten und durch einen neuen Saum zu ergänzen“, so die Projektbeschreibung. Gelingen soll das u.a. durch einen „großzügigen Promenadensaum entlang der Fassaden“. Dieser sei ein „identitätsstiftendes Gestaltungselement“, das „den Bewegungsstrom von der Inneren Stadt über die Nibelungenbrücke lenkt“. Gut gedacht, aber vergessen wurde dabei einmal mehr, dass es dem Hauptplatz an Anziehungspunkten fehlt, die Landstraße hier quasi „ausrinnt“. Zum Hauptplatz geht man nicht – wozu auch? Und wenn man den (spärlichen) Bewegungsstrom so schnell wie möglich weiter zur Brücke lenkt (und umgekehrt), füllt man die Leere des Platzes auch zukünftig nicht.
Und natürlich das Allheilmittel Bäume! Irgendwie wird dieses Gestaltungselement im klimaverliebten Linz bei jeder Gelegenheit zwanghaft wie eine Wunderwaffe gegen eh alles eingesetzt – selbst dort, wo nachweislich seit 2.000 Jahren kein Baum stand. Ganz abgesehen davon, dass die paar Bäume absolut nichts am Mikroklima ändern, ist es ein Unding, jeden urbanen Platz mit Bäumen zu verschlimmbessern. Kein Mensch käme auf die Idee, den Münchner Marienplatz, den Stephansplatz in Wien oder den Petersplatz in Rom mit Platanen ihrer bewussten Wucht, Größe und Erhabenheit zu berauben. Damit fließt schon über eine Million Euro in etwa 12 Bäume, da bleibt nicht mehr viel übrig für eine echte Umgestaltung.
Was Linz gestanden hätte? Ein ganz großes „Oooooh“, eine visionäre Lösung, ein kraftvoll-innovativer Ansatz statt schon wieder ein paar Bäume und eine neue Pflasterung. Jetzt ist es so, wie wenn man erwartungsvoll ins Kino geht, dann aber einen nicht in die Gänge kommenden Film sieht und beim Rausgehen sehr überschaubar enthusiasmiert zur Freundin sagt: „War eh ein ganz netter Film“, obwohl man eigentlich überzeugt war, dass der Streifen einen vom Sessel hauen würde.
Das eigentliche Problem: Für eine echte Neugestaltung des wichtigsten und intensivsten Ortes von Linz müsste man wohl 50 oder gar 100 Millionen Euro in die Hand nehmen. Geworden ist es ein Bruchteil davon. Auch bei der Umgestaltung des Jahrmarktgeländes wurde die Chance nicht erkannt und aus finanziellen Gründen eine Minimallösung zur Umsetzung gebracht. Die Vorgehensweise ist typisch für Linz: Viel vor, vor Innovation strotzend und den großen Wurf im Blick, am Ende wird ein Mäuslein geboren, das noch dazu ein graues Fell mit kahlen Stellen hat.
Es ist verrückt: Für ein Stadion an der Donau gibt Linz über 40 Millionen Euro aus, der nicht nur historisch um Zehnerpotenzen wertvollere, im Jahr 1230 angelegte Hauptplatz und das für die Stadt so wichtige Jahrmarkt-Areal werden mit vergleichsweise Portokassa-Summen neu gestaltet bzw. „aufgewertet“. Für die Pläne soll ein Gesamtbudget von 6 Mio. Euro (kurz davor war noch von 3,8 Millionen die Rede) vorgesehen sein, am Jahrmarktgelände sind es 3 Millionen Euro – das sind Summen, um die man höchstens ein Regionalliga-Stadion in Wallern oder Gurten bauen kann.
Was die Stadtpolitik ebenfalls übersehen hat: Hätte man tatsächlich ein großes Projekt auf Schiene gebracht und die historische Komponente des Areals mit an Bord geholt und hervorgehoben, hätte Linz zweistellige Millionenbeträge an Förderungen vom Bund und von der EU abholen können. Man wollte aber offensichtlich lieber in provinzieller Schrebergarten-Vorstandmanier und schnell-schnell etwas zum Präsentieren in der Hand haben, um sich von den lokalen Medien auf die Schulter klopfen zu lassen. Aber abwarten: wer weiß, was vom präsentierten Vorhaben überhaupt umgesetzt wird. Bekanntlich fiel die Präsentation „überraschenderweise“ mitten in einen Wahlkampf, zudem sind die geplante 6 Millionen Euro noch nicht mal budgetiert. Linz schwimmt bekanntlich nicht gerade im Geld.
Titelfoto: Stadt Linz/Wagner