Der erste selbstständige oberösterreichische Landtag tagte am 20. Juli 1408. Auch wenn die heutige höchste politische Instanz in unserem Bundesland mit damals kaum etwas gemein hat, gibt es doch viele Parallelen in die Ur-Zeiten der Landes-Demokratie. Ein Ausflug in die bewegte Vergangenheit des oö. Landtags.
Die Stände des heutigen Oberösterreich versammelten sich bis ins 15. Jahrhundert gemeinsam mit den Ständen des heutigen Niederösterreich als Vertretung des Landes Österreich. 1408 lud Reinprecht von Wallsee, „Hauptmann ob der Enns“, die Prälaten und Vertreter der Städte supra Anasum (oberhalb der Enns), um die Interessen des Landes zu beraten. 2Diese Versammlung in der Stadt Enns wird als der erste selbständige Landtag des Landes ob der Enns, wie Oberösterreich bis 1918 offiziell hieß, angesehen. Die Loslösung vom damaligen Gebiet östlich (unterhalb) dieses Grenzflusses und damit zur Selbständigkeit unseres Landes dauerte rund zwei Jahrhunderte“, berichtet die Pressestelle des Landes OÖ zum 600-Jahres-Jubiläum anno 2008.
Linz wurde erst mit dem Bau des Landhauses im späten 16. Jahrhundert zum festen Sitz der damaligen Ständeversammlungen, die zuvor an wechselnden Orten nicht nur in Linz, sondern auch in Wels und Enns stattfanden. 1860 schließlich stieg die erste Sitzung eines gewählten oberösterreichischen Landtags. Ein Jahr später wurden die Rechte des Landtags bedeutend verstärkt: Dieser übte nun gemeinsam mit dem Kaiser die Gesetzgebung des Landes aus.
1918, als sich die österreichisch-ungarische Monarchie auflöste, übernahm der Landeshauptmann vom kaiserlichen Statthalter die Vollziehung der staatlichen Verwaltung. 1919 beschloss die provisorische Landesversammlung das Gesetz über die Grundzüge der Landesvertretung. Diese Landesverfassung behielt den Landtag als Landesparlament bei. Als vollziehendes Organ wurde die Landesregierung mit dem vom Landtag gewählten Landeshauptmann an der Spitze eingerichtet. Im selben Jahr folgte die Einführung des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Verhältniswahlrechtes. Damit erhielten erstmals alle erwachsenen OberösterreicherInnen Zugang zu Landtagswahlen: Mit einem Schlag waren 500.000 (von etwa 858.000) Menschen wahlberechtigt.
Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im März 1938 wurden die Landtage in Österreich abgeschafft. 1945, nach dem Ende der Nazidiktatur, erfolgte die Rückkehr zur Landesverfassung von 1930 mit den ersten freien Wahlen nach den Kriegsjahren – trotz zehnjähriger Besatzungszeit durch Russen und Amerikaner.
Heute gibt der Landtag als Gesetzgeber die Parameter für die Entwicklung unseres Landes vor. Das passiert u.a. durch den Beschluss des jährlichen Landesbudgets. Gleichzeitig muss er für eine unabhängige Kontrolle der Landesregierung sorgen. Damit ist der Landtag als „oberösterreichischesParlament“ der vielleicht wichtigste Teil des politischen Selbstverständnisses unseres Bundeslandes. Stark macht ihn vor allem ist die Verwurzelung mit dem Land, den Gemeinden und vor allem den Menschen.
Auch wenn heute oft und gerne über die Politik geschimpft und abgeledert wird, darf eines nie vergessen werden: Es sind Menschen aus unserer Mitte, die die Gesetze machen, für uns arbeiten und in unserem Sinne Entscheidungen treffen. Der oö. Landtag ist ein politisches Meinungs- und Gestaltungsforum, wo Ideen und Visionen umgesetzt werden. Nicht zuletzt lebt der Landtag von unserer Unterstützung und unserem Vertrauen.
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