Wie geht’s in Linz nach der Wahl im September 2021 weiter? Einigen sich SPÖ und FPÖ wieder auf ein Arbeitsübereinkommen oder kommt es ganz anders? Klar ist, dass die Mehrheiten ordentlich durcheinander gewirbelt werden. Als Zweier-Varianten werden wohl nur zwei Konstellationen möglich sein. Wir haben uns die verschiedenen (theoretischen) Paarungsbereitschaften mal angesehen.
SPÖ & ÖVP
Mit dem (Noch-)Rückenwind aus Wien wird es den Linzer Türkisen wohl gelingen, mit der schwächelnden SPÖ die 50 Prozent-Hürde zu überspringen – und ein Arbeitsübereinkommen zu bilden (2015 waren’s gemeinsam 52,1%). Und was dann? Es wäre allemal spannend, Bernhard Baier mal in der aktiven, gestalterischen Rolle zu sehen. Ob sich die ÖVP auch so unkompliziert wie die FPÖ als Mehrheitsbeschaffer für Lugers Vorhaben hergeben wird, ist allerdings offen. Die SPÖ wird sich wohl um einiges mehr bewegen müssen. Es wäre aber auch gut möglich, dass der bisherige Kurs des Drüberfahrens weiter geht – dann aber halt mit den Türkisen statt der FPÖ als Juniorpartner. Auffallend in den letzten Monaten: die Annäherungen von Baier und Luger in Form von gemeinsamen Pressekonferenzen und Projekten (etwa beim “Luger-Baier-Plan” und den Corona-Hilfsmaßnahmen). Aus heutiger Sicht die wohl wahrscheinlichste Variante.
Chance: 80%
SPÖ & FPÖ
Donaubrücken, zwei Fußballstadien, Westring-Baubeginn, Bahnhofcity… aber auch umstrittene Umwidmungen, Hochhäuser, Drüberfahren – viel getan hat sich in den letzten fünf Jahren in Linz. Die Meinungen darüber gehen auseinander – es gibt viel Zuspruch, ebenso wie offen zur Schau getragene Ablehnung. Was vor allem innerhalb der blauen Wählerschaft für Unmut sorgt: der nahezu kritiklose Dauer-Kuschelkurs mit der SPÖ. Ein bissl mehr Widerspruch hätte es da und dort schon sein können, aber der fehlte leider oft.
Eine Fortführung der rot-blauen Zusammenarbeit steht wahrscheinlich sowohl bei Bürgermeister Luger als auch bei seinem Vize Markus Hein ganz oben am Wunschzettel – sie wird auch kommen, wenn es die Mehrheiten zulassen. Und genau das wird wohl der Knackpunkt: 50%plus sind ein knackiges Ziel (2015 holte Rot-Blau eine stabile Mehrheit von 56,9%, das wird 2021 nicht mehr zu halten sein). Es braucht damit vermutlich einen dritten Partner – oder eine ganz andere Lösung.
Chance: 50%
SPÖ & GRÜNE
Rot-Grün wird sich wohl nur in den kühnsten Träumen mancher Parteistrategen ausgehen. Und falls doch: Die Bereitschaft dazu wäre sowohl bei Klaus Luger als auch bei Eva Schobesberger vorhanden (Ergebnis 2015: 46,8%). Ob Rot-Grün Linz allerdings gut tut, ist eine ganz andere Frage. In Wien hat man sich bekanntlich ziemlich entliebt, Rosenkrieg inklusive.
Wahrscheinlichkeit: 15%
ÖVP & GRÜNE
Türkis-Grün wie im Bund? Thematisch nur sehr schwer vorstellbar. Und in Sachen Mehrheiten bräuchte es da zwei erdrutschartige Zugewinne bei beiden Parteien (34,9% waren’s gemeinsam bei der letzten Wahl 2015). Angesichts des nachlassenden Rückenwindes aus Wien ist diese Farbenkombi eher illusorisch.
Wahrscheinlichkeit: 5%
SPÖ & FPÖ & NEOS
Jetzt wird’s spannend: Gehen sich Zweierbeziehungen nicht aus, kommt Bewegung in den Gemeinderat. Für ein etwaiges Arbeitsübereinkommen müsste dann ein Dritter mit an Bord, dessen Interessen im Programm ebenfalls abgebildet sein müssten. Eine realistische Möglichkeit wäre das Trio aus SPÖ, FPÖ und NEOS. Die Pinken hätten jedenfalls keine Berührungsängste mit den Freiheitlichen, die Achse Hein/Potocnik funktioniert in stadtplanerischen Fragen immer wieder gut. Und obwohl sich Potocnik sehr gerne und genüsslich am Bürgermeister reibt, würde Luger wohl auch diese “Krot” fressen, um seine Agenda weiter verfolgen zu können. Nur da hat Lorenz Potocnik bereits angekündigt, wenig Spielraum zuzulassen. Billig würde dieses Dreiergespann für Luger jedenfalls nicht abgehen.
Chance: 50%
SPÖ & ÖVP & NEOS
Auch interessant: Eine Dreier-Kombi der SPÖ mit ÖVP & NEOS. Die käme aber nur, wenn Rot-Türkis unter 50% bleibt. Es wäre für Klaus Luger allerdings eine extrem unbequeme Variante, mit zwei seiner stärksten Kritiker im Boot zu sitzen. Ob da alle drei tatsächlich in dieselbe Richtung rudern?
Chance: 40%
SPÖ & GRÜNE & NEOS
Die Pinken würden wohl auch eine rot-grüne Zusammenarbeit unterstützen. Aber auch hier hätte Klaus Luger kein leichtes Leben, Eva Schobesberger wird Zeit ihres Lebens wohl keinem Luger-Fanklub mehr beitreten, zudem müsste der “Autofahrer”-Bürgermeister extreme Abstriche in seinem Programm machen. Dazu Lorenz Potocnik, der Luger bisher schon ständig heftig auf die Finger klopfte: Das riecht nach Dauerstunk. Bei NEOS und den Grünen hingegen gäbe es hingegen viele Deckungsgleichheiten.
Chance: 20%
ÖVP & GRÜNE & NEOS
Die Dreierkombi Türkis-Grün-Pink hätte wohl das größte Reformpotenzal – und würde die über 70-jährige SPÖ-geführte Vorherrschaft in Linz beenden. Ausgehen würde sich diese Variante mit großer Wahrscheinlichkeit. Der alte (und wohl auch neue, weil direkt gewählte) Bürgermeister Luger wäre aber ein “König ohne Reich”, er wäre ein aufs Repräsentieren, Eröffnen und Goldkette-Tragen reduziertes Stadtoberhaupt.
Chance: 50%
SPÖ & FPÖ & GRÜNE
Von den Mehrheiten her breit aufgestellt, aber absolut unrealistisch. Die gerade in Linz immer noch streng dogmatisch auftretenden Grünen würden nie und nimmer ein Arbeitsübereinkommen mit der FPÖ eingehen.
Chance: 1%
Gar kein Arbeitsübereinkommen
Hätte auch Charme: ein Spiel der freien Kräfte – das heißt, man sucht sich im Gemeinderat projektbezogene Mehrheiten. Diese ursprünglichste Form der Demokratie würde Bewegung in die Stadtpolitik bringen – und vielen guten Ideen endlich Flügel verleihen. Da traut sich ein wenig innovativer und so manchen Seilschaften im Wort stehender Bürgermeister wie Luger aber wohl kaum drüber. Schade eigentlich.
Chance: 25%.
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