Mit dem Ausbau des S-Bahn-Netzes und der geplanten Ostumfahrung stehen in diesem Jahrzehnt zwei Mega-Projekte für den Zentralraum an. Umsetzen soll sie Infrastruktur-Landesrat Günther Steinkellner, der im LINZA-Talk über den Stand der Dinge spricht.
Herr Landesrat, Sie waren vor einigen Wochen bei Infrastrukturministerin Gewessler in Wien vorstellig, um über die Finanzierung der Linzer S-Bahn-Pläne zu sprechen. Nach den ersten positiven Signalen: Gibt es schon klare Zusagen?
Da auch der zuständige Generalsekretär Herbert Kasser im Gespräch mit dabei war, bin ich guter Dinge. Mit ihm haben wir bereits sehr positive Verhandlungsergebnisse erzielen können. Das ist ein verlässlicher Verhandlungspartner. Ich gehe davon aus, dass wir eine große Unterstützung des Bundes für unsere beiden S-Bahn-Projekte bekommen werden.
Welchen Anteil erwarten Sie?
Ich gehe von einer Übernahme durch den Bund von 50 bis 80 Prozent der von uns vorzulegenden Projektkosten aus. Ziel ist, dass wir jedenfalls noch heuer zu einer Absichtserklärung kommen.
Gab oder gibt es eigentlich Ressentiments zwischen der grünen Ministerin Gewessler und dem blauen Landesrat Steinkellner? Speziell grüne Politiker hatte in der Vergangenheit ja öfters gewisse Berührungsängste mit der FPÖ.
Nein, davon war absolut nichts zu spüren. Es war ein sehr positiver und professioneller Termin.
Bei der Projektpräsentation war als Zeitpunkt der Fertigstellung der beiden S-Bahn-Linien das Jahr 2025 im Gespräch. Klingt angesichts der Größe des Vorhabens ambitioniert.
Es könnte zu diesem Zeitpunkt Streckenabschnitte geben, die bereits befahrbar sind. Den genauen Fertigstellungstermin zu nennen, ist extrem schwierig, weil man die Verfahrensdauer nicht abschätzen kann.
Ist die Trassenführung Richtung Gallneukirchen und Pregarten bereits mit allen Gemeinden fixiert? Hier gab es in den letzten Jahren ja einiges an Widerstand und Erklärungsbedarf.
Die Gemeinden arbeiten sehr konstruktiv mit. Lediglich mit Engerwitzdorf gibt es noch einen offenen Punkt – dort soll ein zusätzliches Siedlungsgebiet mit der S-Bahn erschlossen werden. Auch an der Anbindung nach Pregarten wird noch getüftelt, weil wir von dort auf den Gleisen der Summerauerbahn gleich weiter nach Kefermarkt oder Freistadt fahren könnten. Das ist zwar in der ersten Ausbaustufe nicht geplant, aber durch die Normalspur haben wir alle Möglichkeiten.
Bei Projekten dieser Größenordnung sind naturgemäß viele Einsprüche zu erwarten.
Widerstände haben sich bereits jetzt angekündigt, aber das gehört bei Großprojekten dazu. Da darf man kein Fracksausen bekommen. Schließlich handelt es sich um das wichtige Projekt im gesamten Zentralraum. Ich werde es daher, Widerstand hin oder her, mit entsprechender Hartknäckigkeit verfolgen.
Hitzig diskutiert wird derzeit auch die Idee des 365-Euro-Jahrestickets. Warum soll sich das Land diese Maßnahme, die etwa 30 Millionen Euro pro Jahr kosten würde, angesichts der Milliarden-Investitionen in die Infrastruktur nicht leisten können?
Die 30 Millionen sind nur eine Schätzung. Wenn man mitberechnet, dass große Infrastrukturprojekte auf 30 Jahre gerechnet werden, sind wir beim 365 Euro-Ticket schon bei Kosten von einer knappen Milliarde. Damit kann ich die Straßenbahn-Verlängerung nach Kremsdorf, die S-Bahn nach Pregarten und die Mühlkreisbahn-Elektrifizierung finanzieren. Wenn zusätzlich noch so viel Geld vorhanden ist, dass sich auch noch das 365 Euro-Ticket ausgeht, bin ich der Erste, der mit dabei ist.

Mit großer Leidenschaft diskutiert wird auch das Thema Gratis-Öffis diskutiert, nachdem Luxemburg eine Vorreiterrolle eingenommen hat.
Das Problem: Den öffentlichen Verkehr in Luxemburg kann man höchstens mit einer mittelgroßen Stadt vergleichen. Es ist aber auch hier eine Frage der Kosten. Und oft ist etwas, das gratis ist, auch nichts wert. Günstiger ja, aber gratis – da habe ich meine Probleme.
Was auffällt, ist Ihr Schwerpunkt auf schienengebundene Verkehrslösungen. Warum?
Die Schiene wird zukünftig die Hauptlast des Verkehrs tragen. Es ist vorstellbar, dass in zehn Jahren autonom fahrende Fahrzeuge die Menschen im zersiedelten Raum abholen, zur Schienenhauptachse bringen und das Auto in der Garage bleibt – man ist verkehrssicher, bequem, bereits arbeitend oder schon in der Freizeit befindlich unterwegs.
Viele Autofahrer wollen oft gar nicht umsteigen – Stichwort Bequemlichkeit. Sollte es da und dort auch nicht einen gewissen Zwang geben ?
Es gibt diesen Zwang ja auch in Form eines Leidens- und Kostendrucks – Stichwort Stau. Manche haben aber auch keine Möglichkeiten, umzusteigen. Darum sind wir so intensiv dabei, den Ausbau voranzutreiben. Umsteigen soll man aber nicht nur aus Kostengründen, sondern auch wegen der kürzeren Fahrzeiten. Ein Beispiel: Wer nimmt heute noch das Auto von Linz nach Wien, wenn man mit der Bahn nur 1:15h benötigt? Das ist mit dem Auto nicht mal mit 140km/h machbar (lacht).
Erstmals wird im Landesbudget mehr Geld für den öffentlichen als für den Individualverkehr ausgegeben. Wie haben Sie diesen Paradigmenwechsel geschafft?
Es war der richtige Zeitpunkt einer Entwicklung, die umwelt- und staubedingt einfach nötig wurde. Ich würde den öffentlichen Verkehr nicht nur ausbauen, sondern auch weiter verdichten. Leider wurde im Großraum Linz in den letzten 30 Jahren beim Ausbau der Schiene nicht dasselbe Tempo an den Tag gelegt wie beim Straßenbau.
Ein weiteres großes Thema ist die Ostumfahrung, die bis 2030 kommen soll. Gibt‘s hier aus Wien Signale bezüglich der Finanzierung von etwa 800 Millionen Euro?
Wir sind diesbezüglich im Dauerkontakt mit dem Ministerium und der ASFINAG. Die Ostumfahrung ist ein absolutes Muss. Der gesamte Transitverkehr würde sonst aus Nordeuropa durch Linz fahren, weil die Autobahn Prag-Wullowitz bis 2025 großteils fertig ist.
Ist die stadtnahe Streckenführung fix? Jahrelang wurde eine andere Trasse mit Einbindung in Höhe Enns favorisiert.
Die entscheidende Festlegung der Trasse erfolgt durch das Ministerium mittels strategischer Prüfung. In Stein gemeißelt ist noch nichts, aber wir können sicher keinen Umweg anbieten, sonst würde kein Entlastungseffekt entstehen. Wir müssen so nah wie möglich an Linz heran. Die fachliche Empfehlung vom Land ist daher die stadtnahe Trasse.
Wie steht’s bei Ihnen persönlich mit dem Bahnfahren?
Mein Vater war Eisenbahner, ich war nicht nur darum bereits als Jugendlicher und Student viel mit der Bahn unterwegs. Ich fahre auch heute sehr oft und leidenschaftlich gern mit der Bahn, weil das Platzangebot und damit auch das Arbeiten eine ganz andere Qualität als etwa im Auto oder im Bus hat.