“Zutrittstest ist der endgültige Todesstoß für unsere Branche”
Nur mit einem maximal 48 Stunden alten COVID-Test darf man ab Montag sogenannte “körpernahe Dienstleistungen” wie Friseur, das Kosmetikstudio oder die Fußpflege in Anspruch nehmen. Die Branchenvertreter laufen dagegen Sturm. “Jetzt kommt das große Sterben, allerdings nicht im Krankenhaus, sondern in unserer Branche”, sagt Sabine M.* (40), die ein Studio in Linz betreibt.
Wie sehen Sie die neue “Zutrittstest”-Regelung in Ihrer Branche?
Völlig weltfremd. Gut die Hälfte unserer Kunden sind ältere Leute, die sowieso kaum aus dem Haus gehen. Von denen geht keiner alle zwei Tage testen. Die sind schlichtweg überfordert. So gut wie niemand über 65 hat außerdem ein Smartphone für eine Online-Testbestätigung.
Es wird gewarnt, dass die Zahlen wieder steigen könnten und Virusmutationen vor der Tür stehen.
Ich kann das nicht mehr hören. Wollen wir uns jetzt ein leben lang zu Tode fürchten vor dem, was vielleicht kommen könnte? Die Inzidienz sinkt seit Wochen, wir importieren jetzt sogar schon Kranke aus anderen Ländern, weil unsere Krankenhäuser leer sind. Wir sind meilenweit von einer Überlastung des Gesundheitssystems entfernt und trotzdem werden die Auflagen immer strenger. Was soll das bitte? Ein Rudi Anschober oder ein Sebastian Kurz waren ihr Leben lang nicht selbstständig. Die haben keine Ahnung, was sie gerade uns kleinen Unternehmern antun. Für mich ist diese Regierung gestorben. Ich muss das so drastisch sagen, weil die Regierung auch unsere Branche auf dem Gewissen hat.
“Für mich ist diese Regierung gestorben. Ich muss das so drastisch sagen, weil die Regierung auch unser Branche auf dem Gewissen hat.”
Jetzt darf wieder aufgesperrt werden. Freuen Sie sich auf die Umsätze?
Seit fast einem Jahr hat unsere Branche kaum oder gar keine Umsätze. Jetzt dürfen wir aufsperren und müssten dabei den Umsatz von zwölf Monaten aufholen. Mit höchstens 40 Prozent der Kunden aus normalen Zeiten ist das unmöglich. Viele von uns sind am Ende.
Es gab doch Hilfspakete und Umsatzersätze.
Der Umsatzersatz in unserer Branche lag bei 30 Prozent – und selbst den gab es nur eine kurze Zeit. 30 Prozent – das ist weniger als die Hälfte von meinen Fixkosten. Wie komme ich dazu? Das geht sich einfach nicht aus. Für den ganzen Dezember habe ich bis jetzt nur 500 Euro an Hilfen bekommen, für den Jänner noch gar nichts. Ich bin mit vielen Kolleginnen in Kontakt, alle sind am Boden. Es ist wie ein Alptraum.
Haben Sie keine Mitstreiter? Die Wirte und deren Sprecher haben laut geschrien, denen wurde anscheinend besser geholfen.
Viele von uns haben schon an die Wirtschaftskammer geschrieben, aber von dort kommt nichts. Wir sind zu unbedeutend, viele sind Einpersonen-Unternehmen. Wir sind für die Politik und auch für die Kammer einfach zu wenig wert, um gehört zu werden.
“Wir sind für die Politik und auch für die Kammer einfach zu wenig wert, um gehört zu werden.“
Wie haben die Kunden das “Reintesten” aufgenommen?
Ich telefoniere den ganzen Tag, um noch irgendwas zu retten. Normal rufen die Leute wegen Terminen an, jetzt ist es umgekehrt. Mir haben allein gestern fünf fixe Kunden für nächste Woche abgesagt. Eine Dame meinte “Ich komme dann wieder, wenn dieser Testwahnsinn vorbei ist.” Ich habe für Februar mit maximal 40 Prozent vom normalen Umsatz gerechnet. Durch die zwingende Testung werden es höchstens 25 Prozent. Für viele ist das jetzt der endgültige Todesstoß.
Sie müssen ab Montag neben Ihrer Arbeit wohl auch die Testbestätigungen und Ausweise kontrollieren.
Ich mache das sicher nicht. Wir dürfen vom Gesetz her ja gar keine Ausweise kontrollieren oder Identitäten feststellen. Wir sind ja nicht die Polizei, ganz abgesehen vom Datenschutz. Wie sollen wir da Bestätigungen von Tests überprüfen? Das ist schlichtweg illegal. Und das ist auch nicht unsere Aufgabe. Genausowenig wie Polizisten einen Haarschnitt, eine Maniküre oder Pediküre durchführen dürfen.
“Wir dürfen vom Gesetz her ja gar keine Ausweise kontrollieren oder Identitäten feststellen. Wir sind ja nicht die Polizei, ganz abgesehen vom Datenschutz.“
Wie lange können Sie noch durchhalten?
Fast keiner in der Branche hat noch Reserven. Ich habe in den letzten acht Monaten alle meine eisernen Ersparnisse der letzten zehn Jahre aufgebraucht. Der größte Witz: Wir gehen ohne Kunden zugrunde und der Staat erspart sich durch die Öffnung auch noch die Unterstützungszahlungen.
Lösung?
Weg mit der sinnlosen Zwangstestung bei Friseuren, Kosmetikern und Fußpflegern! Und zwar sofort und nicht erst nach einer wochenlangen Wartefrist. Wir haben ja sowieso die FFP2-Masken. Es ist fünf nach 12, wann merkt das die Politik endlich?
*Weil Sabine M. fürchtet, nach diesem Interview mit besonders scharfen Kontrollen konfrontiert zu sein, haben wir auf Ihren Wunsch den Namen geändert.
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