Ernst Hausleitner ist die Linzer Stimme im Formel 1-Zirkus und mehr als die Hälfte des Jahres auf der ganze Welt unterwegs. Er trat 2009 mit der Nachfolge von Heinz Prüller ein schweres Amt an – und hat die Herausforderung sensationell gemeistert: Mittlerweile ist der 51-jährige Linzer auch abseits des Motorsports einer der gefragtesten Moderatoren.
Ernst – du warst in jungen Jahren oft auf der Motocross-Maschine flott unterwegs. Wieviel Benzin steckt noch in deinem Blut?
Meine Husqvarna steht immer noch in der Garage und ein paar Mal im Jahr wird sie sogar bewegt! Alte Liebe rostet nicht, ein bissl Motocross geht auch in höherem Alter.
Wäre aus dem Kommentator Ernst Hausleitner ein guter Formel 1-Rennfahrer geworden?
Ich befürchte nein! Aufzuzählen was mit dazu gefehlt hat, würde den Rahmen des Interviews sprengen. Aber vielleicht fühle ich mich deshalb in der Kommentatorenkabine so wohl, weil ich einschätzen kann, was die Piloten auf der Rennstrecke leisten.
In den TV-Übertragungen kommt die Atmosphäre innerhalb der Formel 1-Teams großteils friktionsfrei herüber. Gibt es Neid, Sesselsäger, Zwistigkeiten – wie im richtigen Leben auch?
Unter den Piloten herrscht, mit wenigen Ausnahmen, tatsächlich eine große Harmonie. Das merkt man, wenn man sie zusammen im Flugzeug oder sonst wo abseits der Rennstrecke sieht.
Wie weit kommt man als Journalist und Kommentator an die Formel 1-Stars auf persönliche Ebene heran?
Zu einigen Piloten wie Ricciardo, Hülkenberg, Räikkönen oder ein paar anderen habe ich ein näheres, persönlicheres Verhältnis, zu anderen wiederum nicht. Grundsätzlich ist es schwierig bis nahezu unmöglich sich mit den Piloten während des Rennwochenendes länger privat zu unterhalten. Die zeitlichen Abläufe sind dermaßen straff, dass dazu keine Möglichkeit besteht.
Kritiker halten die Formel 1 für nicht mehr zeitgemäß: Muss das in Zeiten des Klimawandels wirklich sein?
Die Frage ob etwas sein muss, oder nicht, geht mir zu sehr ins philosophische. Fakt ist, dass die gegenwärtigen Formel 1 Motoren eine Effizienz von über 50 Prozent haben, um vieles weniger Benzin verbrauchen, als vor einigen Jahren und dennoch an Leistung zugelegt haben. Will die Formel 1 in Zeiten wie diesen überleben, muss sie genau hier weitermachen und eine technologische Vorreiterrolle einnehmen. Ich habe daher kein Verständnis für Nostalgiker, die sich nach wie vor V12, V10 oder zumindest V8 Motoren aus vergangenen Epochen zurückwünschen.
Walter Röhrl hält nichts von Elektroautos. Er nennt sie einen “Irrweg“.
Wie könnte ich dem vielleicht besten Autofahrer aller Zeiten widersprechen? Auch ich glaube nicht, dass die E-Mobilität die Lösung ist, sondern selbst enorme Probleme mit sich bringt. Mittelfristig wird man sich schon alleine wegen des Diktates der Wirtschaft nicht entziehen können. Die langfristige Lösung wird aber eine andere sein.
Die Formel E (Rennautos mit Elektroantrieb) kommt immer stärker in den Fokus. Wird es in naher Zukunft mal eine Ablöse der „echten“ Formel 1 geben?
Das kann ich mir in absehbarer Zeit nicht vorstellen, auch wenn die Formel E in nächster Zeit auf Grund des Engagements von vielen namhaften Herstellern uns Sponsoren einen großen Schritt machen wird. Momentan sind die Rennen für mich zu künstlich, zu langsam und daher zu wenig attraktiv.
Viele der neuen Strecken wirken kühl, steril. Wo sind die Circuits mit Charakter?
Freilich hatte die Formel 1 in den letzten Jahren Rennen wie China, Russland oder Indien zu verdauen. Man sollte aber nicht vergessen, dass nach wie vor viele der attraktivsten und geschichtsträchtigsten Rennstrecken der Welt im Kalender aufscheinen, von Spa bis Suzuka von Silverstone bis Monaco.
Manche sehnen sich nach der guten alten Zeit. Heute blickt man aufgrund der vielen technischen Regelungen und elektronischen Steuerungen bzw. Gadgets kaum noch durch. Wie geht es Dir damit?
Mein erstes Auto war ein Alfa Sud Ti Baujahr 1982. Ich habe ihn geliebt bist dass der Rost uns geschieden hat. Mit einem PKW des Jahres 2019 hat der Sud allerdings genau noch die vier Räder gemein, aber sonst nichts mehr. Das Problem ist eher, dass vor allem in der Berichterstattung der Faktor Pilot immer zu kurz kommt, weil man mit sehr vielen technischen Belangen konfrontiert ist. Aber am Ende macht schon noch der Kutscher den Unterschied.
Der Große Preis von Österreich hat 2014 sein Comeback im Formel 1-Rennkalender gefeiert. Ist es ein Grand Prix von vielen oder gibt es einen österreichischen „Mehrwert“?
Für mich persönlich ist es ein Rennen mit mehr Arbeit, aber das tut nichts zu Sache. Die Aufmachung des Grand Prix trägt eindeutig die Handschrift von Didi Mateschitz, der mit viel Liebe ins Detail Jahr für Jahr viel rot-weiß-rot an die Strecke bringt. Und gemessen an der Stimmung auf den Rängen gehört der Österreich Grand Prix sicher zu den Top 3 in der Saison.
Formel 1-Pilotinnen haben sich nie richtig durchgesetzt, auch jetzt sucht man in Formel 1-Cockpits vergeblich nach Frauen. Bestätigt dies das (ur)alte Vorurteil, dass Frauen nicht Autofahren können?
Diesem Vorurteil möchte ich aufs Entschiedenste widersprechen! Dass Frauen Autofahren können, weiß ich nicht erst seit mich Susi Wolff vor ein paar Jahren in einem DTM Boliden ein paar Runden mitgenommen hat. Fakt ist, dass im Kartsport viel weniger Mädchen als Buben mit dem Motorsport beginnen und es daher einer gewissen Logik entspricht, dass in höheren Kategorien dementsprechend weniger weibliche als männliche Piloten herauskommen.
Ist in naher Zukunft wieder ein österreichischer Formel 1-Rennfahrer in Sicht?
In naher Zukunft leider nein. Meine Hoffnungen ruhen auf zwei Söhnen von meiner besseren Hälfte Alex Wurz. Oscar und Charlie sind im Kart echte Granaten! Aber da müssen wir uns noch ein paar Jahre gedulden.
War die Formel 1 früher wegen vieler Crashes und Überholmanöver spannend, scheint sie es heute hauptsächlich wegen der perfekten Verpackung zu sein.
Was die Überholmanöver anbelangt, widerlegt das auch die Statistik. Hier würde ich bei der Qualität und nicht bei der Quantität ansetzten. Dass viel DRS unterstützte Manöver wenig mit Überholen zu tun haben, sondern als Vorbeifahren bezeichnet werden sollten, sehe ich als großes Problem. Auch die Unfälle werden meiner Meinung nicht weniger, die Folgen aber meistens Gott sei Dank harmloser.
Du bist mittlerweile verheiratet und auch Vater. Wie schwer fällt es dir da, ständig in der Weltgeschichte herumzufliegen?
Seit Felix auf der Welt ist, ist es für mich eine wahre Zerreißprobe. Felix ist im August zwei Jahre alt geworden und hat momentan mit meinen Reisen noch kein Problem. Zu Hause hilft er mir beim Kofferpacken, oder versucht es zumindest und wenn ich dann weg bin, versuchen wir, so gut es geht per Videoanruf in Kontakt zu bleiben.
Du bist in Linz aufgewachsen und hast auch beruflich hier deine ersten Fußspuren hinterlassen. Wie oft zieht es dich heute noch nach Linz?
Recht oft eigentlich. Zum einen sind meine Eltern nach wie vor in Urfahr zu Hause und zum anderen hat auch meine „zweite Familie“, der LASK den Weg zurück nach Linz gefunden. Wenngleich vorerst nur im Europapokal 🙂
Wie hat sich die Stadt deiner Meinung nach entwickelt?
Großartig! Linz ist meine Heimatstadt und wird es auch immer bleiben.
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